Wolf Lotter

Publizist Wolf Lotter:
„Komplexität erschließen, um Vielfalt zu gewinnen.“

Was wird uns helfen, die Corona-Krise zu überwinden? Die Komplexität unserer Welt, die uns die Krise vor Augen führt, scheint unüberwindlich. Ich habe mit Journalist Wolf Lotter, dem Mitgründer der Zeitschrift „brand eins“ und Buchautor, über Wissensökonomie, Technologien und Innovationen gesprochen. Seine Botschaft: Wir müssen lernen, uns aus den vorgegebenen Strukturen zu befreien. Wir müssen von der Vorstellung abrücken, dass es in Zukunft nur eine Lösung und eine Wahrheit gibt. Ein sehr inspirierendes Gespräch über Krisenbewältigung in der heutigen Wissensgesellschaft.

Herr Lotter, Sie bezeichnen sich selbst auf ihrem Twitterprofil als Zivilkapitalist. Was genau verstehen Sie darunter?

Einen Zivilkapitalist nenne ich eine Person, die die Mittel der Marktwirtschaft nutzt, um selbstbestimmter und emanzipierter, freier leben zu können. Also nicht als abhängig Beschäftigter, wie die meisten es im Angestelltenverhältnis tun. Man kann beobachten, dass unsere Gesellschaft zunehmend eine bequeme Haltung eingenommen hat. Zuerst verlässt man sich auf seine Eltern, später auf den Chef oder das Management. Das hat nichts mehr damit zu tun, sich gesellschaftlich zu emanzipieren oder beruflich etwas voranzubringen.

 

„Wenn ich innovativ sein will, muss ich mit Widerstand rechnen.“

 

Bedeutet das Ihrer Meinung nach, dass wir in Deutschland in einer Kultur der Abhängigkeit leben und arbeiten?

Wir haben eine Kultur, in der es einfacher ist, sich bedienen zu lassen als sich durchzusetzen. Diese Nicht-Widerständigkeit wird legitimiert, indem man es Leuten leicht macht, sich nicht verändern zu wollen und andere auszunutzen. Man kann nicht über Veränderungen zum Besseren, z.B. bessere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen reden, wenn man nicht auch über die Machtfrage redet. Und dazu gehört immer das Selbstbewusstsein, dass man weiß, was man kann und was man tut. Nur dann funktioniert es.

Bieten die unternehmerischen Organisationsstrukturen überhaupt die Möglichkeiten, sich als Zivilkapitalist zu emanzipieren?

Der Berater Jürgen Fuchs hat einmal die Arbeitswelt mit einem Satz beschrieben: Angestellte sind Menschen, die morgens um neun Uhr angestellt und abends um fünf Uhr wieder ausgestellt werden. Wir denken in Arbeits- und Organisationsformen, die von gestern sind. Wir leben zwar in einer Netzwerkgesellschaft, wir reden gerne von Agilität, wir reden gerne von New Work, aber wir machen das alles nicht.

 

„Ändert etwas und haltet etwas aus, das ist die kulturelle Voraussetzung für Innovation.“

 

Durch die Corona-Krise wurden von heute auf morgen viele Arbeitnehmer zu Homeoffice verbannt. Glauben Sie, dass das der Beginn einer nachhaltigen Entwicklung zu neuen Arbeitsformen ist?

Solange wir immer noch nicht akzeptiert haben, dass es dort Arbeit gibt, wo der Kopf ist, sicher nicht. Der Vordenker der Wissensökonomie, Peter Drucker, hat es einmal gesagt: Das Kapital des Wissensarbeiters befindet sich im Kopf, dort findet die Produktion und die Wertschöpfung statt. Nicht in einem Büro, nicht in einer Organisation, nicht an einem Schreibtisch. Aber in der heutigen Arbeitswelt fahren wir alle zu einem bestimmten Ort, um zu arbeiten und damit befinden wir uns eigentlich noch immer in der Industriegesellschaft des 20. Jahrhunderts.

Ist die Krise vielleicht die große Chance, das zu verändern?

Ich bin pessimistisch, dass die Krise zu radikalen Veränderungen beitragen wird. Die Krise hat in unserer Arbeitswelt zu einer Reaktion geführt und nicht zu einem Fortschritt, weil die Unsicherheit noch verschärft worden ist und die Leute sich noch mehr darauf verlassen, was der Chef in der Organisation sagt. Verschlimmert wird das dadurch, dass die Menschen nun zwangsweise die Erfahrung mit Homeoffice und Remote Work in negativem Kontext erleben, nämlich in häuslicher Isolation und im Krisenmodus.

Sie glauben also, dass die Krise einen negativen Effekt auf die Digitalisierung der Arbeitswelt hat?

Die am besten ausgebildeten Generationen, die je in Europa am Arbeitsmarkt waren, Leute, die fast alle studiert haben, sind nicht in der Lage, sich selbst als jemanden begreifen, der für sich selbständig zuhause arbeiten kann. Man muss kritisch reflektieren, was das bedeutet: Wenn die Menschen auf sich selbst zurückgeworfen werden, ist das in eine Drohung. Und zwar aus dem Grund, dass die meisten das nicht ertragen können und darin liegt das Problem.

 

„Wenn wir damit anfangen würden, uns selbst zu akzeptieren, uns selbst wertzuschätzen, dann können wir auch eine bessere Gemeinschaft sein.“

 

Sie schreiben aktuell ein Buch über „Zusammenhänge“, das im Herbst veröffentlicht werden soll. Welche Thesen stellen sie darin auf?

Es ist die Fortführung der Thesen, die Peter Drucker aufgestellt hat. In unserem Jahrhundert wird Wissen immer individueller und feingliedriger. Das ist ein Produkt der Arbeitsteiligkeit und führt dazu, dass wir immer mehr Spezialisten haben, die sich untereinander verstehen, aber kein anderer versteht sie mehr. Um Wissen produktiv zu machen, müssen wir lernen, Zusammenhänge herzustellen. Menschen, die mehr Freiräume wollen, müssen lernen, ihr Wissen zu teilen.

„Wissen teilen“, das propagiert zurzeit jedes Managementseminar ….

Die Frage ist doch, ob das nur eine Phrase ist oder ob man wirklich in der Lage ist, das Wissen zu teilen. Wissen teilen ist im Grunde erst dann möglich, wenn man sich richtig ausdrücken kann. Wir werden erst zur Wissensgesellschaft, wenn wir Dinge verstehen und auch erklären können. Und davon sind wir weiter entfernt als je zuvor.

Wie meinen Sie das bzw. können sie das anhand eines Beispiels erläutern?

Die Informationstechnologie als Beispiel: Das ist eine einzige Blackbox, verschlossene Systeme, die keiner begreift. Die nachfolgende Generation, die sogenannten „Digital Natives“, sie können die Technologie konsumieren, sie verstehen aber nicht, was sich dahinter verbirgt, weil sie es nie gelernt haben. Ganz zu schweigen von dem kritischen Umgang mit Technologien. Die Digital Natives haben noch nicht einmal gelernt, zu entscheiden, wann sie ein- oder ausschalten sollen. Damit geht eine wichtige Kultureigenschaft verloren.

 

„Ich kenne viele Unternehmer aus der älteren Generation, die innovationsfreudiger sind als ein Rudel Studenten.“

 

Sie kritisieren also, dass wir Technologie nur konsumieren?

 Ich bin kein Gegner des Konsums und des Wachstums. Im Gegenteil, beides ist menschengerecht, um sich weiter zu entwickeln. Aber ich kritisiere – und das schon lange – dass sich die westliche Konsumgesellschaft zum Großteil nur noch in der Rolle des passiven Verbrauchers befindet, und die Betonung liegt auf NUR. Die Menschen begnügen sich damit, am Ende der Nahrungskette Dinge zu verbrauchen und halten sich dabei für revolutionär. Aber sie sind nie bereit, die Welt zu gestalten und sie verfügen nicht über die Sachkenntnis, Zusammenhänge herzustellen.

Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um Zusammenhänge herstellen zu können?

Man braucht zumindest Wissen über Ökonomie, über Technologie. Und man muss wissen, wie unternehmerische und gesellschaftliche Organisationen funktionieren. Und man braucht ein Bildungssystem, das uns etwas anderes lehrt, als sich einzufügen und unterzuordnen. Das wird schon seit Jahrzehnten gefordert. Ich versuche, in meinem Buch zu beschreiben, wie die Netzwerkökonomie funktioniert. Anders als in der Vergangenheit, als eine Regel, ein Standard, eine Norm für alle galt, betreiben wir heute Ökonomie von Fall zu Fall, von Bedarf zu Bedarf. Das heißt, wir müssen uns immer wieder auf neue Bedingungen einlassen, uns einer anderen Sprache bedienen, uns einen anderen Zugang verschaffen, in der Kommunikation emphatisch sein.

 

„Ein starkes Ich wohnt in einem starken Wir.“

 

Das klingt komplex!

Die Welt ist komplex. In der Vergangenheit hatten wir Menschen die Aufgabe, Komplexität zu reduzieren. Sei es mit Erklärungsmodellen, mit Technologien, damit die Welt uns nicht zu kompliziert erscheint. In Zukunft wird es darum gehen, Methoden und Werkzeuge zu entwickeln, die Komplexität erschließen. Und damit Vielfalt und Unterschiedlichkeit möglich machen.

Lässt sich die Komplexität unserer Welt und eine Krise, wie wir sie jetzt erleben, mit Vielfalt lösen?

Wir müssen von der Vorstellung abrücken, dass in der Wissensökonomie nur eine Lösung und eine Wahrheit gibt. In Zukunft wird es darauf ankommen, so miteinander zu kommunizieren, dass wir uns in der einen Sache einigen können. Das wird nicht einfach werden, denn wir haben lediglich gelernt, mitzumachen oder wegzugehen. Das wird gerade nach der Corona-Krise nicht mehr möglich sein. Wir müssen lernen, so miteinander zu kommunizieren, dass jeder den anderen versteht und zu akzeptieren, dass es auch andere Wahrheiten und andere Realitäten gibt, als die wir selbst antizipiert haben.

 

„Wir brauchen keine nützlichen Idioten, die dem System und der Bürokratie dienen, sondern Leute, die es unternehmerisch anpacken.“

 

Was ist Ihr Rat an die Unternehmen, vor allem an die Kleinunternehmer und Mittelständler, die von der Krise besonders stark betroffen sind?

Wenn uns die Krise etwas zeigt, dann dass wir uns nicht auf die Welt der Bürokraten und die Welt der Konzerne mit ihren Angestellten-Apparaten verlassen können. Mein Appell an die selbstbewussten Zivilgesellschafter: Emanzipiert euch! Schafft euch eigene Strukturen, organisiert euch selbst in Syndikaten oder genossenschaftsähnlichen Organisationen, macht euch gemeinsam stark und setzt eure Interessen durch. Das ist die Zukunft von Netzwerkökonomie.

"brand eins"-Mitgründer, Publizist und Buchautor Wolf Lotter (Jahrgang 1962), Fotocredit: Sarah Esther Paulus

Vielen Dank für das Gespräch, lieber Herr Lotter!

 

Weiterführende Links

Über Wolf Lotter

Wolf Lotter in der „brand eins“ über Eigensinn, 2020

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Ladentür zu

Corona-Krise – Wertverlust unverkaufter Saisonware ruinös

Corona-Krise: Durch die Schließung zehntausender Mode-Boutiquen und Sportfachgeschäften stapeln sich im stationären Handel immer größere Berge unverkaufter Ware. Sollte die Schließung über den April hinaus fortbestehen, rechnet der Handelsverband Textil nicht nur mit tausenden Insolvenzen, sondern auch mit über einer Milliarde unverkaufter Artikel. Im Digital-Talk der Initiative „Händler helfen Händlern“ sprechen Alexander Gedat, Interims-CEO bei Gerry Weber und Carsten Schmitz, CDO bei Intersport über die aktuelle Lage und mögliche Auswege aus der Krise.

Nach Berechnungen der Handelsverbände Textil (BTE), Schuhe (BDSE) und Lederwaren (BLE) werden an normalen Verkaufstagen in Deutschland im Durchschnitt täglich mehr als 10 Millionen Hosen, Shirts, Schuhe und Taschen verkauft, die nun nicht über die Ladentheke gehen. Ende März dürfte nach Schätzungen der Verbände die Summe der unverkauften, aber vom Handel bereits bezahlten Teile die 100-Millionen-Grenze überschritten haben.

Rolf Pangels, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Textil

Verschärft werde das Problem, weil die Geschäfte in den nächsten Wochen vertragsgemäß weiterhin neue Ware geliefert bekämen - trotz geschlossener Läden. „Je länger die Schließung dauert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die Ware noch verkauft werden kann“, warnte Rolf Pangels, Hauptgeschäftsführer des BTE Handelsverband Textil gegenüber der dpa. Denn durch den modischen Wechsel ließen sich Hosen oder Schuhe aus der Frühjahrskollektion im Sommer kaum noch verkaufen. Allein der Wertverlust der Ware sei für viele Händler ruinös. Die Händler bräuchten deshalb neben schnellen Krediten auch finanzielle Soforthilfen: „Der Staat könnte zum Beispiel die Kosten für die bereits bezahlte Ware über einen Hilfsfonds übernehmen“, schlug Pangels vor.

Davon betroffen ist auch der Sportfachhandel. Die Genossenschaft Intersport, die in Deutschland mehr als 1500 Händler in der Verbundgruppe hat, kann das nur bestätigen: „Unsere selbständigen Kaufleute haben beschränkte Liquidität und die Sorgen sind sehr groß“, so Carsten Schmitz, CDO von Intersport. „Daher ist es gerade in dieser Situation extrem wichtig, dass wir unsere Händler engmaschig betreuen und gemeinsam in die Liquiditätsplanung gehen.“

Intersport musste in diesem Jahr schon ein extrem schlechtes Wintergeschäft hinnehmen. Durch den Shutdown bleiben die Händler jetzt auch noch auf der Frühjahrsware sitzen. „Running Artikel sind die einzigen, bei denen man die Saison vielleicht noch auf die Zeit nach dem Lockdown verlängern kann. Wir befürchten bzw. können jetzt schon durch Mid Season Sales beobachten, dass sich die größeren Onliner davon frei machen und die stationären in eine ausweglose Situation laufen.“

Priorität Eins in der Corona-Krise: Liquiditätssicherung

Seit etwa zwei Jahren bietet Intersport seinen stationären Händlern ein Ship-From-Store Modell an, der über die

Carsten Schmitz: Seit 2016 Chief Digital Officer bei Intersport

Plattform erzielte Umsatz fließt direkt dem Händler zu, der die Ware verschickt. Aktuell sind 400 Händler angeschlossen, das Onboarding-Team arbeitet gerade auf Hochtouren, allein in den letzten zwei Wochen wurden 40 neue Händler aufgenommen. „Wir tun alles dafür, um mehr Liquidität in den Handel zu spülen“, so Carsten Schmitz.

Auch die Situation in der Textilbranche ist desaströs. Der westfälische Modekonzern Gerry Weber steht nach der gerade überstandenen Insolvenz vor großen Herausforderungen. Über 300 eigene Läden und nochmal so viele Franchise-Partner sind geschlossen. „Wir gehen davon aus, dass wir 30 Prozent weniger Jahresumsatz machen als budgetiert. Das ist ein Einschnitt, der ist nicht einfach zu verkraften“, so Alexander Gedat, Aufsichtsratsvorsitzender bei Gerry Weber.

Das größte Problem sieht Gedat vor allem in der Ware in der Pipeline, zumal da es sich in der Modebranche um saisonale Artikel handelt. „Der Liquiditätsbedarf ist enorm. Wir versuchen, dass die Frühjahrs- und Sommerware später ausgeliefert wird, um die Saison zu verlängern und georderte Ware in Asien zu stornieren.“  Den Franchisenehmern wird derzeit im Warenmanagement geholfen und unterstützt, wo es geht. „Das kostet uns was, aber wir müssen helfen und partnerschaftlich mit der Situation umgehen.“

Klar ist, dass die Händler ein Finanzierungsvolumen für die Ware benötigt, die die Unternehmen jetzt auf Lager haben und nicht abverkaufen können. „Das aktuelle Schutzschirmverfahren von Galeria Karstadt-Kaufhof macht doch sehr deutlich, wie wenig nachhaltig der Handel generell finanziert ist“, so Interims-CEO Alexander Gedat. „Für staatliche Soforthilfen und Kreditprogramme muss die Politik unser Geschäft verstehen und da habe ich aktuell nicht den Eindruck, dass dem so ist.“

Intersport kämpft für seine Händlerschaft an verschiedenen Fronten, um Liquidität zu sichern. „Es ist absolut notwendig, dass wir als Verbundgruppe mit den Herstellern über Valutierung, Storno und das Verschieben von Auslieferungsterminen sprechen“, so Schmitz. Aber man müsse sowohl bei den 650 Brands und sieben Eigenmarken genau prüfen, wie die wirtschaftliche Situation der einzelnen Partnerunternehmen aussehe.

Im Hintergrund laufen auch zusätzlich Gespräche aller Genossenschaften, die über im Mittelstandsverbund organisiert sind, um Forderungen an die Regierung für die Liquiditätssicherung im Einzelhandel zu formulieren. Schmitz nennt ein Beispiel: Ein Intersporthändler mit fünf Geschäften habe ihm erzählt, dass er sich sehr über die bewilligten staatlichen Fördergelder freue. Gleichzeitig sage er, und das solle auch nicht herablassend klingen, die Gelder helfen ihm gerade genau vier Tage.

Nach dem Lockdown: Konsum ankurbeln

Gerry Weber Chef Alexander Gedat sieht auch nach der Wiedereröffnung der Läden, die für den 19. April in Aussicht gestellt ist, kein Licht

Alexander Gedat: Seit fünf Monaten Aufsichtsratsvorsitzender und Interims-CEO bei Gerry Weber

im Tunnel. Fakt ist, dass durch die Krise die Verbraucher keine Lust am Konsum haben. Das sei gerade im Textihandel deutlich zu sehen, da auch die großen Onliner wie Zalando und Amazon große Umsatzeinbrüche verzeichnen. „Wofür wir alles tun müssen, ist nach dem Lockdown wieder für Attraktivität der Einkaufsstätten zu sorgen. Die Verunsicherung bei den Menschen ist riesengroß, wir müssen erst mal wieder Vertrauen bei den Kunden aufbauen.“

Schmitz sieht hier digitale Tool als Mittel zum Zweck. „Wir haben allen unseren Händlern nochmal klar gemacht, ja, eure Tür da vorne ist zu, aber ihr seid nicht tot. Nutzt den persönlichen Kontakt zu euren Kunden über digitale Tools.“ Zum Beispiel wurde auf die Schnelle kontaktlose Lieferung möglich und ein Terminbuchungstool für telefonische Beratung ist gerade live gegangen. Intersport arbeitet mit Hochdruck an einer schnellen Umsetzung weiterer Tools, mit dem die Verbundgruppe Content für Social Media bespielen können, um beim Kunden vor Ort präsent zu sein, auch wenn die Ladentür zu ist.

Wer wird diese Krise überleben?

Alexander Gedat ist davon überzeugt, dass es die Firmen sind, die den Nerv des Endverbrauchers treffen und schnell ihr Geschäftsmodell anpassen können: „Die unprofilierte Mitte ist das Schlimmste, was man tun kann. Ein lokaler Händler kennt seine Kunden so gut und kuratiert die Ware entsprechend, das kann eine vertikalisierte Marke oder eine Online-Shop niemals leisten.“

Der Händler muss diesen Mehrwert ausspielen: Die Beziehung zum Kunden. Sich um seine Existenzsicherung zu kümmern reicht nicht aus. „Wenn die Läden wieder öffnen, wird der Wettbewerb nicht leichter, der Preiskampf wird ruinös sein“, prognostiziert Carsten Schmitz. „Man muss in einzelnen Warengruppen gut sein und eine lokale Community darum aufbauen, um vor Ort relevant zu bleiben.“  Das ist der Mehrwert des Händlers, den er gegenüber den großen Onlinern wie Zalando und Amazon sowie den großen Herstellern ausspielen kann. Händler, die das antizipieren und sich zunutze machen, werden gestärkt aus der Situation hervorgehen.

Weiterführende Links

Der Digital-Talk „Händler helfen Händlern“ in voller Länge

Forderungsliste des Handels für finanzielle Soforthilfen an die Politik

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Mann arbeitet im Homeoffice

Plötzlich Home-Office:
Was wir jetzt von Remote-Only Unternehmen lernen können

Allein gelassen im Home-Office? Viele Berufstätige sind durch die Corona-Krise nicht nur häuslich isoliert. Eine Pandemie, die die Gesellschaft und das Arbeitsleben massiv verändert. Meine Hypothese: Je länger die Corona-Krise dauert, desto mehr werden strukturelle Veränderungen in der Arbeitswelt eintreten. Man wird das Rad nicht einfach mehr zurückdrehen können. Es wird aber nur gelingen, wenn auch mit digitalen Technologien die soziale Vernetzung aufrecht erhalten bleibt. Das können wir jetzt von Remote-only Unternehmen lernen.

Die Corona-Pandemie lässt unsere Gesellschaft, die völlig auf Konsum ausgerichtet ist, gerade von 100 auf Null herunterfahren. Das Arbeitsleben verlagert sich in die eigenen vier Wände. Wo es möglich ist, schicken Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Home-Office, um Infektionsketten zu unterbrechen. Jetzt, in der Krise, in dem das Gebot vorherrscht, sich in Selbstisolation zu begeben, wird plötzlich Home-Office zu einem Muss, um unternehmerisch das Nötigste am Laufen zu halten. Für viele Unternehmen ist das nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch ein soziale.

Berufstätige arbeiten im Krisenmodus und hohem Stresslevel zuhause

Die Berufstätigen, die nun ins Home-Office verbannt sind, sind nicht vorbereitet, das Umfeld ist nicht darauf ausgerichtet, auch die Räumlichkeiten nicht, von arbeitsrechtlichen Vorgaben seitens der Berufsgenossenschaft mal ganz abgesehen. Soziale Nöte werden in Kürze ans Tageslicht rücken.

Es sind zwei Personengruppen, die besonders betroffen sind: Zum einen die Mitarbeiter, die nun allein zuhause sind und arbeiten sollen. Sie sind isoliert, von der Außenwelt abgeschnitten. Sie müssen sich ab sofort selbst organisieren, was vorher der Büroalltag und die Strukturen des Unternehmens vorgegeben haben. Die zweite Gruppe sind die Familien mit ihren Kindern, die plötzlich Home-Office und Home-Schooling oder Kleinkind-Betreuung gleichzeitig unter einen Hut bekommen müssen. Es gibt keine Tagesabläufe, keine Strukturen, der Stresslevel steigt bei allen Beteiligten.

Ist sozialisiertes Arbeiten in den eigenen vier Wänden möglich?

Dies sind keine idealen Bedingungen für Unternehmen, um eine Krise zu bewältigen. Gerade in Krisenzeiten brauchen Unternehmen kreative Mitarbeiter und Leute, die vorwärts denken. Nichts ist mehr so wie es war. Viele stellt die Krise vor existenzielle Fragen: Wie kann mein Businessmodell in Zukunft aussehen? Das geht nur mit Teams, die ein positives Mindset haben. Isoliert im Home-Office ist das nur schwer möglich.

In diesem Kontext ist der soziale Austausch ein wichtiger Baustein. Unternehmen, die in der Krise auf remote umstellen, müssen sich in der Kürze der Zeit folgende Fragen stellen: Wie organisiert man sich? Wie werden Aufgaben delegiert, wie organisiert man die Teams? Welche Rolle übernehmen Führungskräfte? Wie motiviere ich die Mitarbeiter, wie kann ich dafür sorgen, dass sie sich nicht im Stich gelassen fühlen? Wie bekommen wir die Menschen, die im Büroalltag ihre sozialen Kontaktpunkte hatten, mit der digitalen Vernetzung sozialisiert?

Voraussetzung dafür ist es, von dem Mitarbeiterbild der „Human Ressource“, von dem Unternehmenskulturen und Personalmanager jahrzehntelang geprägt waren, abzurücken und auf den menschlichen, sozialen Charakter zu fokussieren.

Lernen von Remote-Only-Unternehmen

Nina Jonker-Völker, Head of Marketing beim Start-Up Frontastic arbeitet schon seit Jahren im remote-only Modus.

Es gibt einige wenige Unternehmen, deren Business-Modell und Arbeitsweise auf dem Remote-only-Modus basieren. Von denen gilt es, schnell zu lernen. Ich habe mit Nina Jonker-Völker gesprochen, sie ist Head of Marketing beim Start-Up Frontastic und verrät mir, welche Erfahrungen sie bisher mit New Work gemacht hat und was aus ihrer Sicht die Corona-Krise im Arbeitsleben der Zukunft verändern wird.

Nina, wie war die Umstellung auf Remote Work als du bei Frontastic eingestiegen bist?

Nina Jonker-Völker: Ich hatte zuvor bereits Teilerfahrung mit Remote Working, z.B. durch meine Arbeit im Außendienst, in internationalen Teams großer Konzerne, oder auch als Digital Nomad während meiner Weltreise. Mich allerdings in ein komplett digitales Team einzufügen, habe ich insbesondere in der Einarbeitung als Herausforderung empfunden. Ich musste mich zum Beispiel sehr daran gewöhnen, komplett in der Cloud zu arbeiten, alle normalen Office-Interaktionen bewusst zu virtualisieren, und nebenher mit einem ganz neuen Level an Transparenz zu arbeiten. Insgesamt habe ich etwa eine Woche gebraucht, um mich an den Remote-Native-Modus zu gewöhnen. Jetzt würde ich diese Flexibilität nicht mehr hergeben.

Wie tauschst du dich mit Kollegen aus, welche Rolle spielt die soziale Komponente?

Nina Jonker-Völker: Im "Normalen" tauschen wir uns asynchron über Slack aus. Wenn Themen, Diskussionen oder Herausforderungen über den Schriftweg nicht zu einer Lösung führen, wechseln wir in synchrone Kommunikation und nutzen Videokonferenzen. Wichtig ist dabei der Grundsatz "Video vor Audio". Wann immer es geht, sollte die Kamera an sein, denn Video transportiert so viel mehr Kommunikationsfacetten und führt dazu, dass wir uns auch in Distanz als Team verbunden fühlen. Du siehst, die soziale Komponente ist nicht zu unterschätzen! Ich würde sogar so weit gehen, dass der aktive Austausch mit Kollegen auf persönlicher, sozialer Ebene in Remote Native Firmen noch viel wichtiger ist als in Unternehmen mit physischen Büros. Soziale Kontakte sind letztlich doch das Schmiermittel, das Teams überdurchschnittlich erfolgreich macht.

Gibt es im Remote Modus so etwas wie Socialising? Wie sieht das aus? Gibt es z. B. gemeinsamen Mittagstisch über Videokonferenzen?

Nina Jonker-Völker: Ja, wir haben ganz bewusst Socialising-Momente in unseren Arbeitsalltag eingebaut. Dazu nutzen wir eine Anzahl von Tools, die uns dabei helfen, sich auch wirklich die Zeit zu nehmen, mit den Kollegen zu socialisen. Ein schönes Beispiel ist unser Virtual Coffee Klatch. Wir haben quasi den Small Talk an der Kaffeemaschine virtualisiert: Jeden Tag um 10.30h treffen sich alle Kollegen, die Lust und Zeit haben, in einer zentralen Videokonferenz und trinken gemeinsam Kaffee. Dabei versuchen wir soweit wie möglich, nicht parallel zu arbeiten, sondern uns wirklich aufeinander zu konzentrieren. Ein anderes Beispiel ist ein Chatbot, der uns zu bestimmten Zeit auffordert, persönliche Details mit unseren Kollegen zu teilen. Dinge wie "Was machst Du in Deiner Freizeit? Welche Bücher hast Du zuletzt gelesen? Welchen Sport betreibst Du? Was war am Wochenende bei Dir los?" Natürlich ist die Beantwortung der Fragen komplett freiwillig, die Antworten helfen uns aber, uns auch remote als Kollegen persönlich kennenzulernen.

Was ändert sich gerade durch die Corona-Pandemie in Bezug auf dein Homeoffice, insbesondere im Hinblick auf soziale Kontakte?

Nina Jonker-Völker: Tatsächlich sind wir wohl in der glücklichen Situation, dass sich unser Arbeitsalltag durch die Corona-Pandemie erstmal nur bedingt ändert. Als Remote-Only Unternehmen ist Home Office für uns der normale Arbeitsmodus. Trotzdem haben wir uns in Bezug auf Kunden- und Partnertermine und Hackathons natürlich erstmal dazu entschlossen, auch all diese Termine zu virtualisieren, um uns und unsere Familien zu schützen und zur Eindämmung des Virus beizutragen. Außerdem springen durch die Schließung von Schulen und Kindergärten während unserer Videokonferenzen ab und an mehr Kinder durch's Bild. Vor Corona haben wir uns außerdem regelmäßig einmal im Monat zum Co-Worken an einem Ort getroffen. Diese Termine haben wir bis auf Weiteres abgesagt und konzentrieren uns stattdessen mehr auf's virtuelle Co-Worken.

Denkst du, dass nach der Krise die Unternehmen offener sind für Konzepte wie Home-Office und Remote Work?

Nina Jonker-Völker: Ich glaube, dass uns die Krise bezüglich Home-Office zweierlei Entwicklungen bringen wird: Einerseits müssen viele Firmen, die den Auf- und Ausbau von Remote Infrastruktur bisher versäumt oder hintangestellt haben, jetzt sehr schnell nachziehen. Viele Unternehmen kommen darum jetzt auf uns zu und holen sich Tipps und Tricks, um schnell in einen guten Home-Office Modus zu finden. Diese Infrastruktur und die Erkenntnis, dass Home-Office ein völlig normaler, produktiver Zustand sein kann, werden hoffentlich nicht mehr weggehen.

Und wie schätzt du die Akzeptanz für neue Arbeitskonzepte in Zukunft ein?

Nina Jonker-Völker: Ich bin überzeugt davon, dass es Mitarbeitern in Zukunft einfacher gemacht wird, flexibel im Home-Office zu arbeiten, und dass die Kombination von Home-Office und Company-Office zukünftig reibungsloser funktionieren wird. Gleichzeitig denke ich auch, dass die erzwungene Isolation die Wertschätzung von Office Settings bei vielen Arbeitnehmern steigen lassen wird. Insofern glaube ich, dass nach der Krise Konzepte, die flexibles, ortsunabhängiges Arbeiten mit sozialem Austausch kombinieren, noch sehr viel wichtiger und erfolgreicher werden.

Vielen Dank, für den Erfahrungsaustausch, liebe Nina!

 

Weiterführende Links

Tipps von achtung!-Agenturchef Mirko Kaminski: 100 % Homeoffice – wie hält man alle beisammen? 

Kommentar von IT-Unternehmer Christian Meyer: Homeoffice - es geht nicht nur um Technik

Journalistin Simone Fasse: Warum dieses Homeoffice anders ist

Kostenloser Homeoffice-Guide von t3n zum Download: Produktiv arbeiten trotz Corona

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Initiative Händler helfen Händlern in der Corona-Krise

Corona-Krise: Pro-Bono-Initiative „Händler helfen Händlern“ gestartet

Aufgrund der Corona-Pandemie steht der Handel vor einer Existenzkrise. Führende Köpfe aus mittelständischen Handelsunternehmen haben sich jetzt zusammengetan und ehrenamtlich die Initiative „Händler helfen Händlern“ gestartet. Es wird eine LinkedIn Gruppe als Wissensplattform aufgebaut, die betroffene Unternehmer und Unternehmerinnen informiert und untereinander vernetzt.  Gemeinsam sollen viele Händler aus dem Mittelstand und größere Unternehmen als weitere Unterstützer für die Initiative gewonnen werden. Ich bin sehr stolz, selbst Teil dieser Initiative zu sein und federführend daran mit zu wirken. Perspektivisch denken und handeln ist aus meiner Sicht notwendig, um aus dieser Krise heraus zu kommen.

Die Corona-Krise stellt den Handel vor massive Herausforderungen. Unsere Konsumgesellschaft befindet sich in einer Vollbremsung, der Crash für Handelsunternehmen ist absehbar. Das trifft den Handel in seiner Grundstruktur, teilweise sogar in seiner Existenz. Nur wenn wir jetzt gemeinsam handeln, sind wir in der Lage, die Krise zu überwinden. Dazu braucht es Kreativität und Wissenstransfer der Unternehmer, egal ob aus welchem Segment sie kommen – ob stationär oder online, Mittelstand oder Konzern, Traditionsunternehmen oder Start-Up.

Aus jeder Krise entstehen Chancen

Ziel der Initiative ist es, im ersten Schritt zur Existenzsicherung Informationen rund um Hilfsprogramme und -fonds von Land, Bund, EU, Banken, KFW oder sonstigen Einrichtungen zu teilen und sich über möglichen Maßnahmen, wie z.B. Liquiditätsprogramme oder Steuererleichterungen auszutauschen. Im zweiten Schritt geht es darum, über sich hinaus zu wachsen: Die Schockstarre schnell überwinden, das Momentum nutzen, kreativ werden und Impulse für neue Businessmodelle sammeln. Es geht darum, den betroffenen Unternehmen in dieser Krise eine Zukunft zu geben. Zielgerichtet, seriös, valide und auf Augenhöhe, von Händlern für Händler.

Partner und Unterstützer der Initiative sind bislang die Händler Rose Bikes und BabyOne, Shopsoftwarehersteller Shopware und Roqqio, das IFH Köln sowie die Medienpartner Handelsblatt, Textilwirtschaft, Internet World Business, neuhandeln, Location Insider, kassenzone, K5 sowie Digitalrockstar Michael Atug.

In eigener Sache: Händler helfen Händlern

Auch changelog ist Mit-Initiator und ich bin Managerin der LinkedIn Gruppe. Unter der Federführung von  Marcus Diekmann (Rose Bikes) habe ich zusammen mit Anna Weber (BabyOne), Tim Böker (Rose Bikes), Sebastian Bomm (Rose Bikes) und Jan Weischer (BabyOne) diese Initiative ins Leben gerufen, um den Handel in diesen schwierigen Zeiten zu vernetzen. Um Perspektiven aufzuzeigen, die in dieser Phase überlebenswichtig sind.

Mehr Informationen

Händlerinitiative in der Corona-Krise

Mitglied der LinkedIn Gruppe werden

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Alexander Graf

Alexander Graf im Porträt:
Die fünf Learnings eines B2B-Influencers

Welche Learnings kann man von einem B2B-Influencer und Serienunternehmer wie Alexander Graf mitnehmen und für sich nutzen? 17 Jahre E-Commerce-Erfahrung hat er auf dem Buckel und sich zum führenden Experten in Sachen Digitalökonomie im Handel gemausert. Ich durfte im persönlichen Gespräch mit Alex ins Detail gehen und herausfinden, welche Faktoren ihn zu der Persönlichkeit gemacht haben, die er heute ist. Mein Fazit: Es ist die Mischung aus unternehmerischen Gespür, einem extrem guten Netzwerk und das Streben nach Hoheitswissen. Ein Porträt über den Spryker-CEO und Kassenzone-Blogger und -Podcaster.

Schon zu Schulzeiten zählt Alex zu den „Machern“. Zusammen mit seinem Schulbuddy Torben organisiert er Schüler- und Studentenparties. Schon damals ist ihm klar, dass er eine Unternehmerlaufbahn anstreben will. Richtungsweisend schlägt er den Weg ins BWL- und Informatik-Studium ein. Parallel dazu betreibt er ein Business mit Webdesign und Vermarktung rund um den Kieler Nachtclub Maxx und den heutigen Lunaclub. Rückblickend waren das wertvolle erste Schritte im Onlinebusiness Ende der 90er-Jahre, wie er es heute selbst einschätzt.

Dass er im Handel bzw. E-Commerce landet, ist eher dem Zufall geschuldet. Die Noten im Zwischenzeugnis seines BWL-Studiums reichen nicht für einen Einstieg in die Investment- und Finanzbranche, in die damals jeder Absolvent vordringen wollte, wie er heute schmunzelnd zugibt. Sein Praktika bei Otto war damals eher ein Zwischenschritt, ein Notnagel. „Dass ich fünf Jahre bei Otto hängen bleibe, war nicht der Plan. Dass es so gekommen ist, hatte auch viel mit meinem damaligen Chef Björn Schäfers, Gründer von smatch und shopping24, zu tun, der mich extrem gefördert hat und ein hervorragender Mentor war.“

Learning #1: Such dir deinen Job immer nach deinem/r Chef/in aus.

Alex steigt bei Otto im Business Development ein, damals eine Abteilung neben Shopping24. Er beobachtet den US-Markt, der zu diesem Zeitpunkt schon viel weiter ist als in Europa. Er erkennt, dass die Rolle des E-Commerce auch in Europa immer relevanter werden wird. Was sich in den USA im ersten Jahrzehnt der 2000er tut, das ist die Zukunft. Sukzessive eignet er sich Hoheitswissen im E-Commerce an. Sein Chef sieht das auch so. Oft wird er zu Rate gezogen, er bereitet Entscheidungsvorlagen für die Konzernchefs vor und wird vom Vorstand um Support in E-Commerce-Fragen gebeten.

Aus dieser Erfahrung heraus wird er vom Anreiz getrieben, immer einen Wissensvorsprung zu haben und zu halten. „Ich optimiere meine Entscheidungen dahingehend, meine Lernkurve steil zu halten. Fakt ist doch, was ich vor fünf Jahren gelernt habe, ist heute meist nicht mehr relevant. Ich möchte nie in die Situation kommen, Menschen zu sagen, dass sie von mir nichts mehr lernen können.“

Learning # 2: Halte deine Lernkurve steil, sonst ist dein Wissen wertlos.

Er hat sich nicht nur Wissen im Bereich E-Commerce aufgebaut, sondern gilt heute als Experte für Digitalökonomie und Transformation. Er sieht in Deutschland gerade bei mittelständischen Unternehmen großen Handlungsbedarf: „Die Effekte der Digitalökonomie beschleunigen sich auf der Zeitleiste potenziell. Otto hatte noch zehn Jahre Zeit, sich vom katalogbasierten Versandhandelsunternehmen zu einem plattformgetriebenen Digitalunternehmen zu transformieren. Heute bleibt einem traditionellen Unternehmen, wie z.B. aus der Versicherungswirtschaft, nicht mehr dieses Zeitfenster, das ist wesentlich kürzer.“

Was man seiner Meinung nach brauche für eine Transformation, sei eine Koalition der Willigen. Leute, die wirklich aktiv etwas verändern wollen. Oft fehle es den Mitarbeitern an Persistenz und Durchhaltevermögen. Einfach mal zwei bis drei Jahre an etwas dranbleiben, nicht gleich aufgeben, wenn es nicht auf Anhieb funktioniert.

Unternehmenskultur und Wandel

Er definiert drei Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation. Zum einen keine Fünfjahrespläne mehr, immer im Set-Up „Testen, Lernen, Fehler korrigieren, Adaptieren“. Zum anderen Technologie als zentralen Wertschöpfungsfaktor anerkennen und implementieren – egal in welcher Branche. Die dritte, für ihn entscheidende Voraussetzung ist aber zielführendes Unternehmertum. „Als Führungskraft habe ich den Auftrag, dass das Unternehmen relevant bleibt. Dabei kommt dem Leadership eine neue Rolle zu: Geschäftschancen erkennen, Prozesse beschleunigen und Mitarbeiter befähigen.“

Er bringt seine Überzeugung weiter auf den Punkt: „Für mich persönlich ist es die größte Lüge, dass die digitale Transformation vom Kulturwandel abhängig sei. Dafür gibt es keinen empirischen Nachweis. Der Kulturwandel ist ein Effekt der Transformation, aber keine Ursache.“ Als Beispiel nennt er About You. Das Online-Unternehmen war anfangs ein Projekt bei Otto. Der Impact dieses Projekts hat Veränderungen im gesamten Konzern erzeugt.

Tarek Müller, Alexander Graf, Nils Seebach
"Retrobild" aus alten Zeiten: Alexander Graf mit seinen etribes-Partnern Tarek Müller (links) und Nils Seebach (im Jahr 2012)

Serienunternehmer mit Fokus

Alex hat in seiner Laufbahn schon ein Dutzend Gründungen hinter sich, u.a. die Digitalberatung etribes mit seinen Partnern Tarek Müller und Nils Seebach.  Da stellt sich die Frage, wie man da den Überblick und Fokus behalten kann. Alex sieht das ganz pragmatisch: „Das mit den Gründungen hat sich immer ergeben, es war im Fluss. Ein Stein setzt sich auf den anderen und manchmal beschleunigen sich auch einzelne Projekte gegenseitig. Und darum geht es doch als Unternehmer: Man muss Skaleneffekte erzeugen.“ Das hat er mit seinem Netzwerk geschafft. Rückblickend kann er sagen, dass durch sein Handeln und die daraus entstanden Konstellationen mittlerweile Unternehmen entstanden sind, die 1500 Mitarbeiter beschäftigen. Darauf ist er sehr stolz.

Learning # 3: Diejenigen Leute, die einfach machen, werden gewinnen.

Alex ist in erster Linie Kaufmann und Analyst. Methodische Regelwerke, die er zu Studienzeiten noch gewälzt hat, sind heutzutage hinfällig. Die Digitalökonomie hat seine eigenen Regeln. „Die Kernfrage bleibt, wie man an den initialen Kundenzugang kommt. Mit der Zeit habe ich eigene Methoden entwickelt, die dann irgendwann ihren Niederschlag in meinem Buch fanden.“

Mit seinem renommierten Kassenzone Blog und Podcast hat er sich einen Namen als Fachjournalist gemacht. Für ihn ist diese Plattform pures Gold wert. Er genießt es, zu verstehen, wie andere ticken, zu hinterfragen, wie Geschäftsmodelle funktionieren, eine faire Bühne zu schaffen, die mannigfaltige Meinungen einholt und Diskussionen zulässt. Was ihn dabei antreibt sind Neugier und Haltung.

Learning #4: Wenn dein Wettbewerber über dich redet, hast du es geschafft.

Kritiker werfen ihm dagegen fehlende Neutralität und einen Interessenskonflikt zu seinem Business mit Spryker vor. Er geht damit selbstkritisch um: „Ich gehe ganz offen mit meinen Interessen um und das wissen die Leute auch. Ich weiß, dass ich der Rolle als Journalist nicht gerecht werde – oft fehlt mir der rote Faden, greife auch gerne mal vor oder lasse die Leute nicht ausreden ... Dazu bin ich einfach selbst viel zu tief im Business und habe eigene Meinungen, die ich dann auch loswerden muss. Ich müsste mich mehr darauf konditionieren, die Rolle des Moderators zu übernehmen.“

Zu 100 Prozent vernetzt

Mit Spryker landet Alex den größten Coup seiner Karriere: 2014 erfolgt die Auskoppelung aus dem Frühphaseninvestor Project-A und die Gründung zusammen mit seinem langjährigen etribes-Partner Nils Seebach. Nur drei Jahre später sammeln die beiden eine Kapitalspritze von 22 Millionen US-Dollar von Investor One Peak Partners ein. Damit sind die Wachstumsambitionen und der Erfolgsdruck groß: 100 Prozent Wachstum pro Jahr steht auf der Agenda. Die Investoren verlangen danach. Dem E-Commerce war in den letzten Jahren ein permanenter Boom beschert. Alex muss laut seiner eigenen Überzeugung dafür Sorge tragen, dass sein Unternehmen relevant bleibt. Dafür muss er immer die Nase vorn haben. Die Dinge werden nicht einfacher, das ist ihm klar. Umso wichtiger, dass er für die Sache brennt.

Learning #5: Man muss was machen, auf das man richtig Bock hat.

Woher er die ganze Energie nimmt? Er hat ein scheinbar einfaches Erfolgsrezept: „Ich interessiere mich für alles und mache mir keine Sorgen. Ich genieße den Freiheitsgrad, in dem ich agiere. Ich habe Hobbies wie Bogenschießen, für die ich mein Zuhause, einen Hof in Schleswig-Holstein, nicht verlassen muss. Wenn es Spryker nicht gäbe, würde ich es heute gründen. Ich lebe mit dem Markt und meinem Netzwerk, das sind alles Freunde und Bekannte, also Menschen mit denen ich gerne zu tun habe.“

Weiterführende Links

Alexander Graf im OMR-Podcast-Interview

Das E-Commerce Buch

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Dr. Anita Sengupta, Mitbegründerin, Airspace Experience Technologies (ASX), USA. Forschungsprofessorin für Raumfahrttechnik, Universität von Südkalifornien

Mobilität und Verkehr:
Wie Raumfahrttechnologie den CO2-Fußabdruck reduzieren wird

Wie kann Raumfahrttechnologie unseren CO2-Ausstoß reduzieren? Die Amerikanerin Dr. Anita Sengupta, die als Luft- und Raumfahrtingenieurin viele Jahre bei der NASA tätig war, hat sich als Chefentwicklerin des sogenannten Hyperloops einen Namen gemacht. Im Jahr 2019 wurde sie Mitgründerin und Chief Product Officer von Airspace Experience Technologies (ASX) - ein Start-Up, das ein hybridelektrisches, vertikal startendes und landendes städtisches Luftmobilitätssystem entwickelt. Die Pilotin wird im Februar 2020 auf der OOP-Konferenz in München zeigen, wie Raumfahrt-Technologie in Verbindung mit Venture Capital einen umweltfreundlichen Verkehr ermöglicht. Ich durfte in einem Telefoninterview mit ihr darüber sprechen, wie sie Mobilität revolutionieren und den CO2-Fußabdruck des Flugverkehrs reduzieren will.

Können Sie kurz die Projekte skizzieren, an denen Sie als Luft- und Raumfahrtingenieurin in den letzten Jahren gearbeitet haben?

Ich habe den größten Teil meiner Karriere im Raumfahrtprogramm der NASA gearbeitet. Meine Doktorarbeit beschäftigte sich mit Plasmaantrieben, ja, das ist Raketenwissenschaft. Danach arbeitete ich an Einstiegssystemen für die Landung auf der Oberfläche anderer Planeten, insbesondere mit dem Landungssystem für den Curiosity Rover auf dem Mars, einem Venus Lander, einem Mars-Aufstiegsfahrzeug und der Orion Earth Return Capsule. Anschließend wechselte ich als Missionsleiterin zur International Space Station (ISS), um dort das Kaltatom-Labor zu entwickeln und zu leiten. Im Jahr 2017 entschied ich mich, die NASA zu verlassen, um meine Expertise der Entwicklung grüner Transportmittel zu widmen, zunächst als Führungskraft bei Virgin Hyperloop und nun als Mitbegründer eines Unternehmens für elektrische VTOL-Flugzeuge, oder besser bekannt als Lufttaxis.

Das Unternehmen Airspace Experience Technologies ASX, das Sie mitgegründet haben, will die urbane Mobilität revolutionieren. Worum geht es da genau?

ASX ist ein Start-Up, das ein emissionsfreies Flugmobilitätsfahrzeug entwickelt. Ziel ist es, den Share Ride Transport in städtischen und vorstädtischen Umgebungen, die unter Straßenüberlastung leiden, zu erleichtern. Ich persönlich sehe ein Ende des individuellen Autobesitzes zugunsten einer gemeinsamen, emissionsfreien Transportmöglichkeit am Boden und in der Luft. Die Urbane Luftmobilität (UAM) wird die Entwicklung der elektrischen Luftfahrt anstoßen, und zwar durch die Nutzung von gespeicherter Energie aus Batterien. Wenn das Netz mit grünem Strom wie Sonne oder Wind betrieben wird, wird der CO2-Fußabdruck deutlich reduziert. Was als nächstes kommt, sind mit Wasserstoff-Brennstoffzellen betriebene Regionalflugzeuge und schließlich Langstrecken-Jet-Flugzeuge, die auf Wasserstoff beruhen.

 

“Einer der effizientesten Verkehrsträger pro Passagierkilometer ist der kommerzielle Flugverkehr, der aber immer noch auf fossile Brennstoffe angewiesen ist.”

 

Der Verkehr in den europäischen Metropolregionen steht vor dem Kollaps. Inwieweit wird die Luft- und Raumfahrttechnik echte Alternativen bieten können?

Als Amerikanerin bin ich sehr beeindruckt von Europas riesigem Eisenbahnnetz, den städtischen U- und Stadtbahnsystemen und dem Drang, in nachhaltige Luftfahrttechnologien zu investieren. Ironischerweise ist eine der energieeffizientesten Reisemöglichkeiten pro Passagierkilometer der kommerzielle Flugverkehr, da er als Shared Service betrieben wird. Das Problem ist jedoch, dass der Luftverkehr immer noch auf fossile Brennstoffe angewiesen ist. Der Übergang zu einem emissionsfreien Flugverkehr wird einen Paradigmenwechsel in unserer Energiewirtschaft und unserer CO2-Bilanz ermöglichen. Massenverkehrsmittel, öffentliche Verkehrsmittel und der Verzicht auf die individuelle Autonutzung sind die Lösung.

 

“Der Flugverkehr ist bereits heute größtenteils auf den Autopiloten angewiesen. Ein kommerzieller Flug und die Autonomie in der Luft ermöglicht ein effizienteres Verkehrsmanagement. Daher ist die Ausdehnung auf die Nutzung des Luftraums in niedriger Höhe mit urbaner Luftmobilität eine natürliche Entwicklung.”

 

Weltweit gibt es etwa 140 Projekte für Lufttaxis. Was unterscheidet Ihr Projekt bei Airspace Experience Technologies von den anderen?

Wir entwickeln ein Kippflügelflugzeug, das auch konventionell starten und landen kann, wobei die bestehende Flughafeninfrastruktur maximal genutzt wird und das mit einer höheren Effizienz als ein Rotorflugzeug. Das Lufttaxi ist so konzipiert, dass es kurze Strecken innerhalb von Stadtgebieten zurücklegen kann. Wir setzen Technolgie aus dem Automotivebereich wirksam ein, um Kosten zu senken und die Massenproduktion zu erleichtern. D.h. wir nutzen Technologien, die bereits in der Elektroautoindustrie eingesetzt werden: zum Beispiel Batterien, Motoren und Steuerungssoftware. Da wir die bestehende Technologie dort einsetzen wollen, wo es sinnvoll ist, können wir die Tiefflugzeuge erschwinglicher machen und den täglichen Taxinutzern eine Fahrt via Lufttaxi ermöglichen.

Glauben Sie, dass eine Revolution im Bereich des emissionsfreien Verkehrs bevorsteht?

Ja, in den nächsten zwei bis drei Jahren werden wir die ersten kommerziellen Flüge von Lufttaxis sehen und in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine Verlagerung auf den emissionsfreien Flugverkehr über längere Strecken.

 

“Gemeinsame Lufttaxis mit öffentliche Nahverkehr aus U- und S-Bahn sowie die Eliminierung der individuellen Autonutzung ist die Lösung.”

 

Wann werden die ASX Taxis voraussichtlich marktreif sein?

Wir planen, unsere Lufttaxis ab 2023 in der Logistik einzusetzen, zum Beispiel für den Transport von Medikamenten, Ärzten und Verbrauchsmaterial. Zwei bis drei Jahre später planen wir die Lufttaxis für den Personentransport einzusetzen.

Wie weit sind Sie in der Entwicklung der ASX Taxis fortgeschritten?

Bis heute haben wir sechs Fahrzeuge gebaut, die im Subscale-Bereich angesiedelt sind, das größte davon ist ein Drittel der Entwicklungsskala. Wir haben bisher Vertikalstart, Reiseflug und Landung unter der Softwarekontrolle unserer Vollverbund-Flugzeuge demonstriert.

Welche Technologie muss noch entwickelt werden, damit die elektrische Luftfahrt Realität wird?

Batterien mit verbesserter Energiedichte für Kurzstrecken-Lufttaxis, dicht gefolgt von Wasserstoff-Brennstoffzellen für Regionalflugzeuge.

 

“Die Geschäftsluftfahrt ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, sowohl beim Treibstoff als auch bei den Plattformen. Elektroflugzeuge sind die nächste Evolution.”

 

Ist eine staatliche Regulierung notwendig für die Technik, die Flugsicherung etc.? Wäre eine Regulierung eine Hilfe oder ein Hindernis?

Eine Regulierung, die Hand in Hand mit neuer Technologie entwickelt wird, sorgt dafür, dass wir sichere, zuverlässige Transporte und nützliche Lösungen für den öffentlichen Verkehr haben. Wir alle, der öffentliche und der private Sektor, haben eine Rolle zu spielen, um sicherzustellen, dass Technologien entwickelt werden, die unseren CO2-Fußabdruck sicher und effizient reduzieren.

Wer werden die wirklichen Nutzer solcher innovativer Verkehrskonzepte sein? Sprechen wir von privilegierten Bürgern, die sich teure Verkehrsmittel leisten können?

Unser Ziel ist es, die Luftmobilität für jeden zugänglich und erschwinglich zu machen. Sie ist für den öffentlichen Verkehr gedacht, also für jeden, der ein Taxi nehmen würde.

Und das Taxi selbst, wie viel wird es kosten?

Eine Fahrt wird ähnlich teuer sein wie die mit einem herkömmlichen Taxi oder einem Uberfahrzeug, aber die Fahrzeit wird bis zu fünf mal so schnell sein.

Die ASX Lufttaxis sollen in einer späteren Entwicklungsphase autonom fliegen können. Wie bringen Sie die Menschen dazu, Ihrer Technologie zu vertrauen?

Dr. Anita Sengupta
Dr. Anita Sengupta, Mitgründerin, Airspace Experience Technologies (ASX), USA. Forschungsprofessorin für Raumfahrttechnik, Universität von Südkalifornien

Ich denke, urbane Luftmobilität (UAM) wird anfangs natürlich mit Piloten im Einsatz beginnen. Sicherheit ist das wichtigste, was wir als Ingenieure, als Führungskräfte und als Bürger beachten müssen.

Vielen Dank, für die interessanten Einblicke, Dr. Sengupta!

Weiterführende Links:

Über Dr. Anita Sengupta

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Hippokratischer Eid für IT-Berufe

 


Sven Rittau auf der K5

K5 Macher Sven Rittau:
„Investoren sind der Anfang vom Ende deiner eigenen Firma“

Normalerweise ist Sven Rittau derjenige, der die Fragen stellt, wenn er im Cheftreff mit Branchengrößen aus dem Nähkästchen plaudert. Diesmal heißt es aber Rollentausch in seinem Podcast-Studio in der Winzererstraße in München: Sven gibt Einblick in seine unternehmerischen Erfahrungen und persönlichen Erkenntnisse. Wir sprechen über Werte und Wertschätzung, Persönlichkeitsfindung und die Grenzen traditioneller Denkweisen im digitalen Zeitalter. Und er gibt einen Ausblick auf die K5 2020. Ein Porträt über den leidenschaftlichen E-Commerce-Unternehmer und Macher der K5.

Rollentausch: changelog-Autorin Vera Vaubel interviewt Sven Rittau in seinem Cheftreff-Podcaststudio.

Sven ist schon als Kind vom Unternehmertum fasziniert - vielleicht, weil er selbst aus einem ganz anderen Umfeld kommt. Während er zu Schulzeiten sein Taschengeld bei Penny als Regalarbeiter aufpoliert, schnappt er sich die Lebensmittelzeitung, die sein Chef und Filialleiter abonniert hatte und verfolgt mit großem Interesse das Branchengeschehen. Dass er später tatsächlich im E-Commerce landet, ist dann einfach so passiert.

Seinen ersten Job tritt er als Unternehmensberater bei Roland Berger an. Seine Aufgabe: Eine Preisstrategie für die Großhandelssteuerung bei Viessmann Heiztechnik zu entwickeln. Dafür lebt er als Nomade aus dem Koffer. 60-Stunden-Woche steht auf der Tagesordnung, den Rest der Zeit verbringt er in Hotelzimmern. Nach knapp einem Jahr sieht er sich am Limit. „Am Ende eines solchen Projekts kann einen durchaus eine Sinnkrise überkommen. Da fragt man sich schon, was kommt danach?“

Aus Krisen wachsen

Etwa ein Jahr später, 1999, erfolgt die Gründung eines Online-Zoofachhandels. Zusammen mit seinen Mitgründern Cornelius Patt, Florian Seubert und Roland Honekamp verfolgt er mit großem Interesse den aufsteigenden Kometen in den USA, das Online-Geschäftsmodell von pets.com. So etwas gibt es zu dieser Zeit in Europa nicht. Er macht, was er im Studium im schweizerischen Fribourg und bei Roland Berger gelernt hat: eine umfangreiche Konsummarktanalyse. Das Gründerteam kommt zu dem Schluss, dass die Chancen gut stehen. Der Markt für Tiernahrung und –bedarf ist fragmentiert, preisstabil und es handelt sich um emotionale Convenience Produkte.

 

„Du brauchst immer in etwa fünf Jahre, um dein Business aufzubauen und zu etablieren. Dann spürst du merklich, dass dein persönliches Engagement Früchte trägt.“

 

Der Erfolg gibt ihnen Recht. Zooplus startet durch, Investoren steigen ein, das Start-Up expandiert ins Ausland. Rückblickend gibt Sven schmunzelnd preis: „Sobald du dir einen Investor reinholst, ist es der Anfang vom Ende deiner eigenen Firma. Natürlich gibt es dazwischen noch ein paar Abstufungen. Aber am Ende des Tages läuft es darauf hinaus.“

2001 platzt die Dotcom Blase – jegliche Art der Finanzierung ist auf Eis gelegt. Zooplus muss Auslandmärkte schließen und 30 Mitarbeiter entlassen. Das Gründerteam versucht, Deckungsbeiträge so gut es geht zu optimieren, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Die Durststrecke dauert zwei Jahre, bis Zooplus wieder auf Kurs ist. Sein Learning von damals: „Krisen und Knappheit führen zu kreativen Lösungen. Und eigentlich sollte man jede Firma regelmäßig durch künstliche Krisen führen!“

Netzwerk als Grundqualifikation

Heute ist Sven auf seinem Karriereweg dort angekommen, wo er sich wohl fühlt und Ausgeglichenheit verspürt. Anfangs noch geprägt von Disziplin, Zielerreichung, Input-Output-Relation und dem Ziel, monetären Erfolg zu erreichen, sind für ihn an deren Stelle andere Werte getreten. „Das ist auch eine Lifestyle-Frage. Arbeit 24/7 ist wahrscheinlich eher was für die jüngere Generation“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Für ihn ist die Wertschätzung seiner persönlichen Kontakte und seines Netzwerks sehr wichtig. Seine feste Überzeugung ist, dass Vernetzung heute ein absoluter Skill ist. Egal ob digital oder analog.

 

„Stelle dir erst das richtige Team zusammen, bevor du unternehmerisch tätig wirst.“

 

Seinen heutigen Geschäftspartner Jochen Krisch lernt er 2011 kennen – Sven ist Speaker auf der allerersten K5. Sie laufen sich immer wieder in verschiedenen Beiratskonstellationen über den Weg, in denen sie Jungunternehmern zur Seite stehen. 2013 ist für Sven ein „Hänger-Jahr“, wie er es nennt. Bei Shirtinator steckt er in einer Sackgasse, die Konstellation passt nicht mehr wirklich. Im damaligen Handelsumfeld sieht er nichts, wo er sich hätte mit Begeisterung engagieren wollen. Letztendlich entscheidet er aus Bauchgefühl, mit Jochen die K5 als Plattform weiter auszubauen.

K5: Haptik der Begeisterung

Von außen gesehen ist das zunächst eine explosive Konstellation, die sich formen muss. „Jochen – the brain, und ich – die Rampensau! Obwohl, ein bisschen Hirn hab ich auch“, lacht Sven. Es gibt in den ersten Jahren durchaus Reibungspunkte. Aber es gelingt den beiden relativ zügig, sich die komplementären Stärken zunutze zu machen.

Was beiden dabei hilft, ist gegenseitiges Vertrauen und eine strategische Weitsicht zu entwickeln. Sie finden die Schnittstellen, die es ihnen ermöglichen, ein gemeinsames Produktverständnis zu formen. Handel der Zukunft, neue Technologien, neue Modelle und Prozesse. Relevanter Content und ein Netzwerk mit Digitalkompetenz.

Auch die Frage danach, wie sich Wachstum im digitalen Wandel finanziert, woher das Kapital kommt und wie man das Investmentrisiko minimiert, eint die beiden Partner und führt stringent im Jahr 2015 zur Gründung des Glore50, dem ersten globalen E-Commerce Aktienfonds.

Selbst- und Fremdbild

Sven will Leute begeistern, Veränderungen anstoßen und inszenieren, weil ihm das ein gutes Gefühl gibt. Das tut er nicht aus altruistischen Gedanken heraus. „Die Empfindung, die ich dieses Jahr bei der K5 hatte, lässt sich für mich persönlich als Manifest beschreiben. Wir gestalten hier und jetzt gemeinsam die Zukunft und ich bin ein Teil davon! Auch wenn es esoterisch klingen mag, aber positive Impulse, die man gibt, werden als positive Energie wieder zurückkommen.“

Sven legt starken Wert auf Selbstfindung und Persönlichkeitsentwicklung – und holt sich darin auch externe Unterstützung. „Die eigene Wahrnehmung ist eine sehr einseitige Sichtweise. Ich frage daher immer wieder Menschen, die mir wichtig sind, was sie an mir schätzen und was nicht. Das ist eine gute Methode, um seinen Charakter weiter zu entwickeln.“ So hat er ein klares Bild vor Augen, dem er wie einem Polarstern folgen und an dem er sich immer wieder orientieren kann.

Faszination Geschäftsmodell

Sven schwärmt von der „Schönheit eines Geschäftsmodells“. Das muss er näher erläutern: Wenn ein Problem auf eine andere Art und Weise gelöst wird und das dann ökonomisch Sinn macht. Innovation entsteht u.a. dann, wenn gegebene Faktoren neu kombiniert werden.

Er macht es an einem Beispiel im E-Commerce fest. Wenn man Retouren und Free Shipping als Teil des Geschäftsmodells von Anfang an mit einkalkuliert, kommt man eben auf andere Lösungen – bestes Beispiel ist Zalando. Picnic ist für ihn aktuell das andere Paradebeispiel im Food Bereich: Weg mit der klassischen DHL-Paketdenke, Entwicklung eigener Lieferfahrzeuge, angepasste App-basierte Routenplanung und der Fahrer wird Teil des Kundenerlebnisses.

Grenzen klassischer Denkweisen

Diese Art der Denke kann man seiner Meinung nach auch viel größer stricken. „Vermeide oder bekämpfe Probleme wie Armut, Zuwanderung oder CO2 Ausstoß ist ein alter Denkansatz. Da stoßen wir schnell an Grenzen. Der andere wäre, diese Themen wie eine Ressource bzw. Rohstoff und Teil unserer Gleichung zu behandeln.“ Traditionelle Denkweisen bringen uns nicht weiter.

 

„Content-First ist Maxime: Du musst es schaffen, dass die Leute über deine Inhalte diskutieren. Und den hohen Qualitätsanspruch konsequent verteidigen, besser noch weiter ausbauen.“

 

Das adaptiert er auch für sich persönlich. Er ist der festen Überzeugung, dass die K5 als Plattform durchaus noch ausbaufähig ist. Ideen dafür hat er schon im Kopf. Warum nicht Formate mit exklusivem Zugang zu Wissen und Digital Leadership konzipieren? Noch ist nichts spruchreif. Vielleicht wird das die Basis für ein Sprungbrett, im nächsten Schritt wirklich Veränderungen zu bewirken, die auch einen gesellschaftlichen Wert haben. Indem gegebene Faktoren neu kombiniert werden.

Nicht nur sein Job, sondern seine Leidenschaft: Sven Rittau eröffnet zusammen mit Jochen Krisch die K5 2019 in Berlin.

Ausblick K5 2020: Zehnjähriges Jubiläum

Für die Konferenz am 26./27. Mai 2020 hat er sich zusammen mit dem K5-Team viel vorgenommen. Schließlich feiert die K5 Zehnjähriges! Die Ausstellung ist schon so gut wie ausgebucht. Noch wird intensiv am Programmkonzept gearbeitet. Sven verrät schon mal so viel, dass es eine zweite Content-Bühne geben und sich die Konferenz internationaler ausrichten wird. Stay tuned!

 

 

 

 

Weiterführende Links

K5 2020

Cheftreff Podcast

Global Online Retail Fonds

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Digitaler Wandel Überwindung Ungewissheit

Digitaler Wandel: „Es geht nicht um Technologien, sondern um Menschen“

Susanne Nickel weiß aus ihrer eigenen Lebensgeschichte, wie sich Veränderung mit allen Höhen und Tiefen anfühlt. Diese Erfahrung hat die Rechtsanwältin und Wirtschaftsmediatorin zu ihrer Mission gemacht. Sie unterstützt Unternehmen, den digitalen Wandel mit dem Commitment der Menschen umzusetzen. Im Interview erklärt sie, auf was es in Change Prozessen ankommt und wie man erkennt, ob die persönliche Erfolgsleiter an der richtigen Wand steht.

 Laut einer Studie von McKinsey scheitern 70 Prozent aller Change-Projekte in Unternehmen – woran liegt das deiner Meinung nach?

Rechtsanwältin Susanne Nickel ist Expertin für Change. Change Business ist Peoples Business, so ihre Überzeugung.

Das liegt vor allem daran, dass Unternehmen oder Organisation den Druck etwas zu verändern erst dann verspüren, wenn es eigentlich zu spät ist. Seien wir doch mal ehrlich, wann erkennt man, dass man etwas verändern muss? Doch erst dann, wenn man in Schieflagen gerät. Das gilt übrigens für Organisationen wie für jeden Einzelnen. Es heißt nicht umsonst, dass Erfolg Innovationen killt. Das Gespür für die Dringlichkeit ist zum Beispiel bei erfolgsverwöhnten Unternehmen überhaupt nicht gegeben, es gibt gar keine Notwendigkeit dazu, etwas zu verändern.

Es heißt Menschen sind Gewohnheitswesen, das ist der Killer für jede Veränderungen. Was rätst du, wie man Mitarbeiter zu „freiwilliger“ Veränderung bewegt?

Nun ja, zunächst gilt es, die Widerstände zu überwinden. Es gibt keinen Widerstand ohne Grund – dieses Verständnis ist sehr hilfreich beim Umgang mit Widerstand. Und es gibt unterschiedliche Formen von Widerstand. Die erste Form ist das „Ich kann nicht“. Dem ist noch relativ einfach zu begegnen, indem man die Mitarbeiter weiterbildet, Kompetenzen aufbaut und die Leute trainiert. Die zweite Form ist das „Ich will nicht“. Das muss man emotional abgreifen, den Menschen in seinen Bedürfnissen abholen, Überzeugungsarbeit leisten. Und die dritte und schwierigste Form ist „Ich will Dich nicht“. Hier ist der Chef „verbrannt“, vielleicht weil einfach zu viel Change in Folge war. Das Vertrauen ist zerstört, es aufzubauen dauert lange, zerstören kann man es sehr schnell.

Warum, glaubst du, rückt heutzutage die Sinnfrage eines Unternehmens auch bei den Mitarbeitern immer mehr in den Fokus?

Menschen wollen etwas tun, was Sinn macht und ihnen Sinn gibt. Gerade die jungen Generationen stellen die Sinnfrage mehr denn je. Wenn das Wofür und der Purpose geklärt ist, dann vereinfacht das das WAS und das WIE. Stell dir eine einfache Frage: Wofür stehst du morgens auf und gehst gerne an die Arbeit? Geld verdienen, um leben zu können, ist lediglich das Resultat. Menschen wollen sinnstiftend gestalten und sich einbringen, auch in Unternehmen. Sachlich-inhaltlich hat dieses „Wofür“ auch mit Motivation, Orientierung und Navigation zu tun. In Unternehmen nennen wir das Purpose Driven Organizations.

 

"Eine Kernkompetenz für digitalen Wandel ist die Reflexionskompetenz."

 

Du plädierst für ein barrierefreies Denken – was genau müssen wir uns darunter vorstellen?

Menschen neigen dazu, in bekannten Mustern zu denken, mit dem Resultat, dass das klassische Schubladendenken zum Teil des Problems wird. Der US-Therapeut Steve de Shazer hat mit seiner Methode des lösungsorientierten Arbeitens einen Perspektivwechsel eingebracht, er setzte auf die Dekonstruktion der Sichtweisen. Es könnte so sein, aber vielleicht auch ganz anders. Er sagt: Wenn Du eine Hypothese hast, nimm ein Aspirin und warte, bis der Anfall vorbei ist. Dies ist ein schönes Bild und meint, man solle seine Hypothesen prüfen und sie ggfs wieder verwerfen und sich nicht nur auf eine stützen sondern eben barrierefrei im Kopf vorgehen. Es geht bei barrierefreiem Denken darum, mehrere Hypothesen aufzustellen, die richtigen Fragen zu stellen und in kleinen Schritten zu validieren. Dahinter versteckt sich eine wichtige Kompetenz für Change: Die Reflexionskompetenz. Nur so bekommen wir den Kopf frei für Veränderung.

Das erfordert jedoch eine enorme Willenskraft, oder?

Ja, und die Herausforderung ist dabei: Wollen ist wie machen, nur fauler. 40 Prozent unserer Verhaltensmuster beruhen auf Gewohnheit. Der Trick ist, an den alten Mustern anzudocken und darauf aufbauend sich neue Gewohnheiten anzutrainieren. Das nenne ich den Change Loop. Einfaches Beispiel: Wir nehmen eine Gewohnheit, der wir mehrfach am Tag nachgehen. Der Gang in die Kaffeeküche. Hier kann ich mir vornehmen, wertschätzend meinen Mitarbeitern oder Kollegen gegenüber zu sein. Ich frage, wie es ihnen geht, bin offen, halte auch mal meinen Mund und höre einfach zu und zeige Interesse und vielleicht mache ich auch mal ein Kompliment. In kurzer Zeit entsteht so eine enorme Dynamik und Raum für Inspiration und Austausch und eine von Wertschätzung geprägte Atmosphäre. Wenn sich das ein paar Kollegen oder Führungskräfte vornehmen, implementieren sie eine - wie ich sie nenne - „Schatzjäger-Haltung“ für einen wertschätzenden Umgang.

Welche Rolle kommt dabei der Führungskraft zu?

Die Grundkompetenz der Führungskraft im Change-Prozess ist Kommunikation, Offenheit und Transparenz. Die Führungskraft muss Vertrauen und Empathie bei den Mitarbeitern schaffen bzw. halten können. Dazu gehört auch, Phasen für Scheitern, Selbstreflexion und Resilienz zuzulassen, um diese in Mut, Motivation und Veränderungswille zu transformieren. Den Führungskräften kommt also die Rolle des „Befähigers“ zu. Gleichzeitig müssen sie für Stabilität und Effizienz sorgen. Keine leichte Aufgabe.

 

"Im digitalen Wandel kommt Führungskräften die Rolle des „Enablers“ zu, gleichzeitig müssen sie für Stabilität und Effizienz in ihren Teams sorgen."

 

Wie gelingt in der Unternehmensführung der Spagat zwischen Agilität und Flexibilität für Innovationen und Stabilität und Effizienz für bewährte Prozesse und Modelle?

Ambidextrie heißt das neue Schlagwort in der Führung digital transformierter Unternehmen, wörtlich übersetzt Beidhändigkeit. Im übertragenen Sinn konzentriert sich die rechte Hand auf das Optimieren und Absichern des Kerngeschäfts. Die linke Hand beschäftigt sich mit innovativen Geschäftsfeldern.

Wie schafft man ein einheitliches Commitment für den Change?

Die aktive Einbindung aller Stakeholder, und damit meine ich Kunden, Partner und Mitarbeiter, ist die Voraussetzung, dass der Change-Prozess überhaupt erst ins Rollen kommt. Und das auf Augenhöhe. Mit der Co-Creation Methode schafft man es, in Iterationen Lösungsansätze für die gemeinsamen Herausforderungen zu erarbeiten. Seht den Change-Prozess also nicht nur in der internen Organisation, sondern weitet die Perspektive auch auf das Umfeld aus, denn auch dort gibt es Auswirkungen.

Technologie rückt immer mehr in den Vordergrund, sowohl im Alltag als auch in Unternehmen. Besteht die Gefahr, dass der Mensch dabei auf der Strecke bleibt?

Die Technologie ist nicht das Problem, es geht darum, sie sinnvoll einzusetzen und für uns zu nutzen. Im Mittelpunkt wird immer der Mensch stehen,  dafür sind aber Veränderungen notwendig, die uns an Grenzen bringen, die uns belasten, die uns Überwindung kosten. Den einen mehr, den anderen weniger.

 

"Oft ist fehlende Anerkennung und Wertschätzung die Ursache für Konflikte in Change-Prozessen."

 

Laut Statista hat sich die Diagnosehäufigkeit von Burn-Out-Erkrankungen im letzten Jahrzehnt beinahe verdreifacht. Siehst du einen Zusammenhang zwischen dieser Entwicklung und der aktuellen Transformation in eine Digitalgesellschaft?

Sicherlich, die Digitalisierung beschleunigt unser Leben in allen Facetten und gerade im Arbeitsleben führt das oft zu Überlastung, Überforderung und damit zu Kontrollverlust. Aber allzu oft spielt auch das Zwischenmenschliche und nicht bereinigte Konflikte eine Rolle. Einfach, weil Menschen sich zu wenig wertschätzen und die Anerkennung fehlt.

Warum fällt uns Menschen Wertschätzung für andere und die Leistungen anderer so schwer?

Digitaler Wandel: Wann deine Erfolgsleiter an der richtigen Wand steht.

Ich bin davon überzeugt, dass das bei jedem einzelnen von uns bei sich selbst anfängt. Wer 100 Prozent zu sich selbst steht, ist in der Lage, eine positive Haltung und Wertschätzung anderen entgegenzubringen. In Coachings fordere ich immer wieder meine Klienten dazu auf: Seid Schatzjäger, bei euch selbst und bei anderen. Dann erkennt ihr sofort die richtige Wand für eure Erfolgsleiter.

Vielen Dank für das inspirierende Gespräch, liebe Susanne!

 

Weiterführende Links

McKinsey: Changing Change Management

Über Susanne Nickel

Taschenbuchempfehlung zum Thema Change und digitaler Wandel

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Die Therapie für Innovation


Unternehmerinnen der Zukunft Abschlussveranstaltung

Von Gründerinnen für Gründerinnen:
Acht Learnings aus dem Digitalgeschäft

Weibliches Unternehmertum im digitalen Kontext fördern – so die Mission des Wettbewerbs „Unternehmerinnen der Zukunft“. Gestern Abend gab es im Filmcasino in München vier glückliche Gewinnerinnen: Anastasiya Koshcheeva von MOYA Birch Bark, Anette Haverkamp-Peiß von EMMA Eventing, Christiane Hübner von renna deluxe und Susanne Richter von Sanni Shoo erhielten die Auszeichnung „Vorbilder der Digitalisierung“. Dafür haben die Gründerinnen in den letzten sechs Monaten geschuftet: Neben ihrem laufenden Tagesgeschäft entwickelten sie zusammen mit ihren Coaches eine Digitalstrategie für ihr Unternehmen und setzten diese in die Tat um. Die acht wichtigsten Learnings verrieten die Vier gestern Abend bei der Preisverleihung.

#Keine Angst vorm Datendschungel

Kennzahlen sind das A&O für Unternehmertum. Behaltet den Durchblick, setzt euch intensiv damit auseinander. Die Daten sind euer Steuerungsinstrument.

#Standort spielt keine Rolle

Es müssen nicht die hippen Metropolen wie Berlin, München oder Köln sein. Digitalgeschäft kann man von überall aus machen. Gebt nicht auf: Hürden wie fehlendes Highspeed-Internet lassen sich mit Hartnäckigkeit und Kreativität überwinden.

#Ist das gut oder kann das weg?

Definiert für euch klar euren Markenkern und bleibt euch treu. Lasst euch von anderen inspirieren, aber vertraut auf euer Bauchgefühl - insbesondere bei Entscheidungen, bei denen es um eure Personal Brand geht.

#Fokussiert euch auf die Stärken

Verschwendet eure Energie nicht mit Dingen, die ihr nicht gut könnt. Stellt euch die Frage, wo eure Stärken liegen. Arbeitet interdisziplinär und holt euch Rat aus eurem Netzwerk.

# Belohnt euch selbst

Unternehmerin sein bedeutet, die Arbeit in den Lebensmittelpunkt zu stellen. Vergesst dabei nicht, auch mal inne zu halten. Belohnt euch für kleine Schritte, die ihr erreicht habt.

#Post-its fürs Erfolgsgefühl

Macht eure erreichten Meilensteine für euch selbst sichtbar. Entwickelt ein System, das euch zeigt, was ihr geschafft habt. Post-its als Messlatte sind ein Beispiel dafür.

#Teilen, teilen, teilen

Erzählt eure Geschichten und teilt sie. Und zwar nicht nur die Hochglanz-Erfolgsstories, sondern auch die Dinge, die nicht so gut gelaufen sind. Ihr werdet auf offene Ohren stoßen!

#Den besten Weg zeigt euch der Kunde

Denkt immer über einen Perspektivwechsel nach. Oft ist man so in seinem Business-Modus drin, dass man keinen Blick mehr fürs Wesentliche hat. Der Kunde kann da Aufschluss geben. Bleibt nah am Kunden dran und habt ein Ohr für ihn.

 

Programm für Gründerinnen

Die Initiative „Unternehmerinnen der Zukunft“ wurde vom Verband deutscher Unternehmerinnen, Global Digital Women, BRIGITTE Academy und Amazon ins Leben gerufen, um die digitale Entwicklung der von 19 Frauen geführten kleinen Unternehmen zu beschleunigen und sie als Vorbilder der Digitalisierung auszuzeichnen. Dabei wurden die Gründerinnen über einen Zeitraum von sechs Monaten von 25 Coaches in Einzel- und Gruppentrainings intensiv beim Ausbau ihres Digitalbusiness begleitet.

Prominente Jury

Die Auswahl der vier Gewinnerinnen erfolgte durch eine unabhängige Jury um Staatsministerin Dorothee Bär, Brigitte Huber, Chefredakteurin der BRIGITTE, Tijen Onaran, Gründerin von Global Digital Women, Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen und Nicholas Denissen, Vice President Small Business bei Amazon. Ausgezeichnet wurden die Unternehmerinnen der Zukunft 2019 in den vier Kategorien „Von Offline zu Online“, „Marktplätze“, „Export“ und „Markenbildung".

Erfolgszahlen der Gründerinnen sprechen für sich

Seit dem Auftakt der dritten Runde von Unternehmerinnen der Zukunft im April 2019 konnten nicht nur die Gewinnerinnen, sondern alle Teilnehmerinnen ihr Online-Geschäft ausbauen und neue Kunden für ihre Produkte gewinnen: 16 führten eine neue Marke ein oder bauten eine bestehende Eigenmarke aus; 14 Kandidatinnen haben ihren Online-Shop professionalisiert und sechs starteten mit dem Export und erreichen jetzt Kunden auf der ganzen Welt. Darüber hinaus stellten die Unternehmerinnen mehr als 2.000 Produkte online. Durch diese Aktivitäten schufen sie 35 neue Voll- und Teilzeit-Jobs in den Bereichen Vertrieb, Logistik und Marketing.

Der Wettbewerb wird auch in 2020 fortgeführt und expandiert in die USA.

 

Weiterführende Links

Mehr Informationen zum Wettbewerb #UdZ

Die Unternehmen der Gewinnerinnen Sanni Shoo, renna deluxe, MOYA Birch Bark, EMMA Eventing,

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Digital durchstarten

Dorothee Bär und Tijen Onaran im Gespräch über Digitalkompetenz

 


Designhalle Wetscher Max in Innsbruck

Möbelbranche in digitaler Aufbruchstimmung?

Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PwC beschäftigt sich mit Strukturen, Trends und Herausforderungen der deutschen Möbelbranche. Demnach wird dem Online-Segment großes Wachstumspotenzial zugesprochen. Hersteller und Händler arbeiten fieberhaft an Digitalstrategien. Doch der Teufel steckt im Detail. Die Frage nach dem digitalen Geschäftsmodell ist mit vielen Grundsatzfragen, hohen Investitionen und unternehmerischem Wagnis verbunden. Wir haben die Erkenntnisse der Studie aufgegriffen und mit Beispielen aus der Praxis verglichen.

Die Möbelbranche stagniert. Die PwC-Studie prognostiziert zwar für die kommenden Jahre ein leichtes, stabiles Umsatzwachstum von 1,3 Prozent. Dies ist jedoch ein kleiner Kuchen, der auf viele Player verteilt werden muss. Der Wettbewerbsdruck ist hoch und preisgetrieben, daher rechnet es sich für viele Händler nicht mehr, große Verkaufsflächen und personalintensive Verkaufsberatung bereitzustellen. Immer wieder müssen Marktteilnehmer Insolvenz anmelden, so im letzten Jahr Händler wie Habitat oder große Herstellermarken wie Wellemöbel, Alno oder Flötotto.

Dr. Christian Wulff Möbelbranche
Studienautor Dr. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter, PwC Deutschland

Allheilmittel Online für die Möbelbranche?

Im Gegensatz zum stationären Handel spricht die PwC-Studie dem Online-Segment ein großes Wachstumspotenzial zu. Bis zum Jahr 2023 soll der Onlineumsatz im Möbelhandel um jährlich 8,4 Prozent wachsen. „Derzeit konzentriert sich die Möbelbranche noch stark auf den stationären Handel, doch in diesem Bereich ist nur noch ein leichtes Umsatzwachstum möglich. Ein großes Wachstumspotenzial bietet dagegen der Vertriebsweg über Onlinekanäle, den viele Unternehmen derzeit noch unterschätzen“, so Dr. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland.

Dass der digitale Handel mit Möbeln sich aber nicht einfach umsetzen lässt, es hohe Investitionen und einen langen Atem bedarf, zeigt die aktuelle Situation der anfänglichen Hoffnungsträger für digitale Geschäftsmodelle im Möbelmarkt, Westwing und Home24.

Home24 schreibt rote Zahlen. Investitionen in Software und ein neues Warenlager in Halle haben den Online-Möbelversender im ersten Halbjahr belastet. Der operative Verlust stieg daher im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 9,5 Millionen Euro auf 23,4 Millionen Euro. Dennoch will Home24 bis zum Jahresende weiter operativ auf bereinigter Basis die Gewinnschwelle erreichen. 2020 will das Unternehmen dann profitabel sein, berichtet das manager-magazin.

Auch Online-Pure-Player Westwing kämpft seit dem Börsengang im Herbst 2018 erheblich. Begeisterte der Gründer und Vorstandschef Stefan Smalla auf der K5 im Mai in Berlin noch das Fachpublikum mit seinen Plänen, musste die Gewinnerwartung für das laufende Geschäftsjahr ständig nach unten korrigiert werden. Smalla führt dies auf gesteigerte Investitionen ins Marketing zurück. Aber auch er zeigt sich gegenüber dem Handelsblatt optimistisch und geht unbeirrt davon aus, dass sich die höheren Investitionen mittel- und langfristig positiv auswirken werden.

Was sind die Erfolgsfaktoren?

Die PwC-Studie identifiziert Meilensteine, die die Händler bei ihrer Online-Strategie berücksichtigen müssen. Dazu zählen aufwändige Zustell- und Rücksendeprozesse auf der einen Seite. Die letzte Meile ist bekanntlich das größte Hindernis im Online-Handel.

Auch wollen die Möbelkunden gern Produkte vor dem Kauf sehen und ausprobieren. Dazu gehören einfachere Umtauschprozesse und Investitionen in neue Technologien, wie Virtual Reality und Augmented Reality, mit denen die Kunden sich auch zu Hause ein Bild von den gewünschten Produkten machen können, so die Studie.

Malte Dous Möbelbranche
Dr. Malte Dous, Director EU Category Management bei Wayfair kennt sich aus mit Plattformgeschäft. Zuvor war er Marktplatzchef bei Zalando.

Technologien als Wegbereiter

Innovative Technologie scheint also der Weisheit letzter Schluss auf dem Weg zur Digitalstrategie. Wayfair, ein großer US-Marktplatz für die Kategorie Home und Living mischt seit 2016 den deutschen Markt auf. Dr. Malte Dous, Director EU Category Management bei Wayfair sieht die Plattform weniger als Branchenmarktplatz denn als Partner und „Enabler“ des Handels. „Wir sind ein Tech-Unternehmen mit weltweit rund 2.300 Ingenieuren und Datenwissenschaftlern. Wir haben die gesamte Customer Journey mit Software und Algorithmen abgebildet, davon können auch unsere Partner profitieren“, erklärt der Ex-Zalando-Marktplatzchef. Die Plattform funktioniere rein datenbasiert – könne also jederzeit KPIs identifizieren und am Markt entsprechend agieren.

Beispiel: „Schnelle Lieferzeiten sind bei Möbeln ein absoluter Umsatzbooster“, so Malte Dous. Entsprechend hat Wayfair seine Services in punkto Lager aufgestockt. Neben der direkten Warenabfertigung im eigenen Lager bietet der Marktplatz mit Castlegate auch einen Fulfilment-Dienst an, der in Kassel zentral Waren für Händler einlagert und damit Produkte schnell abrufbar sind.

Ähnliche Services werden Handelspartnern auch in Bereichen Content (Lifestyle Bilder mit 3D Rendering), Marketing (eigener Verkaufstag WayDay analog zum Black Friday), Logistik (eigenes Liefernetzwerk) und Verpackung (Umverpackungsservice) geboten.

Omnichannel – Erfolgsbeispiel aus Österreich

Die PwC-Studienautoren sprechen Omnichannel-Konzepten, d.h. stationären Ausstellungsflächen, die sinnvoll mit technologischen Neuerungen verknüpft sind, ein hohes Erfolgspotenzial zu. Ein Blick in unser Nachbarland Österreich zeigt das in einem eindrucksvollen Beispiel.

Österreich hat ähnlich wie Deutschland eine hohe Konzentration an Möbelhäusern. Der Markt wird dominiert von Ikea, Kika, Leiner und XXXLutz. Nur wenige Händler können in dem Wettbewerb noch mithalten. Einer davon ist das Planungs- und Einrichtungshaus Wetscher im beschaulichen Zillertal, das weit über die Grenzen Tirols einen Namen hat. „Hätten wir nicht den Mut, uns immer wieder neu zu erfinden, wir wären schon längst ausradiert auf der Landkarte der Möbelhäuser“, ist Unternehmer Martin Wetscher überzeugt.

Der Wohndesigner führt den heutigen Erfolg auf die unternehmerische Entscheidung in den 90er-Jahren zurück, sich auf die Tischlerei, Planung und nur noch die absoluten Top-Marken im Programm zu konzentrieren. Einen ähnlichen Transformationsschritt hat das Familienunternehmen nun wieder gewagt. „Ein Möbelhaus muss heutzutage mehr bieten als eine beheizte Verkaufsfläche“, so Martin Wetscher auf dem imm-Congress in Köln.

Designhalle für alle, digital und im Showroom: Junior- und Seniorchef Max und Martin Wetscher.

Sohn Maximilian, Unternehmer in fünfter Generation, startete im Juni 2018 einen neuen Concept Store mit seiner eigenen Brand „Wetscher Max“. In der „Designhalle für alle“ eröffnet sich dem Kunden eine Ausstellung mit drei Themenbereichen Natur, Modern und Loft. Im Online-Store unterstützt ein digitaler Einrichtungsberater seine Klientel.

Nach einem Jahr zieht der Unternehmersohn Bilanz. „Mit unserem Konzept haben wir das Beste aus beiden Welten verbunden. Denn das digitale und das reale Einkaufen sind heute längst zu einem Erlebnis verschmolzen. Und diese neue Welt wollten wir in einem neuartigen Handelskonzept konsequent abbilden und mit Leichtigkeit an unsere Kunden vermitteln“, erklärt Maximilian Wetscher gegenüber der Branchenfachzeitschrift möbelkultur.

Am Standort in Fügen konnte das traditionelle Familienunternehmen zuletzt eine Umsatzsteigerung von rund 30 Prozent verzeichnen. „Mit Wetscher Max haben wir junge Zielgruppen völlig neu für unsere Qualitätsmarke begeistert, aber auch traditionelle Kunden der Wetscher Wohngalerien für andere Perspektiven gewonnen. Von dieser Durchmischung profitieren alle.“ Jetzt wagt das Möbelhaus den Schritt in die Stadt und hat einen Concept Store auch in Innsbruck eröffnet.

Wo liegt die Zukunft der Möbelbranche?

Klar ist: Es gibt keine digitale Blaupause für die Möbelbranche. Es zeigt sich vielmehr, dass jedes Unternehmen seinen individuellen Ansatz fahren muss. Dies ist ein Prozess und die Schwierigkeit liegt vor allem darin, dass man dafür oft gelernte Strukturen und etablierte Prozesse innerhalb des Unternehmens infrage stellen muss. Digitaler Handel bedeutet nicht, seine Produkte online in einem Webshop in einer anderen Art eines Produktkatalogs feilzubieten. Es bedeutet, dass man mithilfe von digitalen Produkten und Services Mehrwerte für seine Kunden schafft.

Die PwC Studie gibt eine umfassende Analyse und zeigt Perspektiven auf, wo diese Mehrwerte liegen können. Der Lebensstil vieler Menschen in Deutschland verändert sich, beispielsweise steigt die Zahl der Ein-Personen-Haushalte, auch die Arbeit im Home Office setzt sich immer stärker durch. Das hat Einfluss auf den Möbelmarkt. Gebraucht werden stärker multifunktionale und flexible Möbel.

Auch der gesellschaftliche Trend zu einem nachhaltigen Leben hat Auswirkungen auf den Möbelmarkt. Insbesondere hochwertige Möbel, Handwerksprodukte und Systemmöbel werden in Deutschland verkauft. Das Umweltbewusstsein der Konsumenten ist gestiegen. Dafür sind sie auch bereit, mehr Geld auszugeben. Wie eine Befragung zeigt, spielt der Aspekt Nachhaltigkeit für 73 Prozent der Kunden beim Kauf von Möbeln eine wichtige Rolle. Dies könnte sich ebenfalls zu einem Erfolgsfaktor für die Kernkompetenz im Möbelhandel erweisen.

Quellen: Handelsblatt, manager-magazin, möbelkultur, falstaff.de

Weiterführende Links

Marktstudie Möbelbranche 2019 von PwC

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