München nach dem Lockdown durch Corona

City nach dem Lockdown:
E-Commerce als Bollwerk gegen Frequenzrückgang?

Die Münchener Traditionshändler Ludwig Beck und Sporthaus Schuster geben Einblick über die aktuelle Lage in der City nach dem Lockdown. Konsumzurückhaltung, wenig Einkaufserlebnis und fehlende Touristen prägen derzeit das Bild in den Läden. Die Erfolgsgeschichte schreibt ein anderer Geschäftsbereich: Der E-Commerce verzeichnet bei beiden Handelshäusern enormen Zuwachs, der jedoch die Umsatzeinbußen bei weitem nicht kompensieren kann. Auf welche Szenarien die Unternehmen sich in den nächsten Monaten einstellen und welche Handlungsperspektiven es für den Handel in den Innenstädten gibt, diskutierte meine Kollegin Vera Vaubel mit den beiden E-Commerce-Chefs Fabian Göhler und Konstantin Rentrop im Digital-Talk der Initiative „Händler helfen Händlern“. 

Zunächst hatte die Corona-Krise etwas beruhigend Egalisierendes: Denn egal, ob in Münchens 1A-Lage oder am Stadtrand, die Umsätze des stationären Handels auf der Fläche waren ab Mitte März überall gleich Null. Alle Ladentüren waren geschlossen, die Verbindung zum Kunden gekappt. Was im Lockdown aber sehr wohl einen Unterschied machte, war das Vorhandensein eines Online-Shops, eine enge Bindung zum Kunden und die Bereitschaft, sich schnell der Situation anzupassen und das Bestmögliche daraus zu machen. Auch für die Münchener Traditionshäuser Ludwig Beck und Sporthaus Schuster waren die Tage rund um den 16. März eine Katastrophe. Doch man entschied sich, nach vorne zu schauen und war mehr als glücklich, das Thema Online-Shop und Digitalisierung von internen Prozessen schon vor Jahren angegangen zu sein.

USP aus der Fläche digital abbilden: Kundenberatung per Telefon

„Der totale Shutdown war für uns zunächst wirklich dramatisch“, erinnert sich Konstantin Rentrop, E-E-Commerce- und Marketingleiter beim Sporthaus Schuster. „Zwar hatten wir schon Tage zuvor verschiedene mögliche Szenarien durchgespielt und Vorbereitungen getroffen, einen Lockdown der gesamten Münchener Innenstadt konnten wir uns aber nicht wirklich vorstellen!“ Da Radläden in Bayern geöffnet bleiben durften, verlagerte das Team vom Sporthaus schnellstmöglich das gesamte Radsortiment auf eine Etage und nutzte die erweiterte Fläche, um zum einen dem Abstandsgebot Rechnung zu tragen und zum anderen, das Sortiment bestmöglich darzustellen.

Konstantin Rentrop, Sporthaus Schuster
Konstantin Rentrop, Sporthaus Schuster

Da viele Kunden aus Vorsicht aber nicht mehr in die Stadt und in den Laden kommen wollten, mussten wir versuchen, unseren Beratungsservice digital abzubilden“, erläutert Konstantin Rentrop.

„Wir haben das erreicht, indem wir z.B. die Namen und Telefonnummern unserer Abteilungsleiter über Social Media und auf unserer Website öffentlich gemacht haben. Auch Logistikfragen konnten Kunden direkt mit unseren Mitarbeitern besprechen.“ Der Service Call & Reserve, also die telefonische Reservierung von Produkten zur Anprobe bzw. Abholung im Laden wurde eingerichtet. Dennoch blieben die Online-Umsätze im März unter denen des Vorjahrs, die Kauflust war den Kunden angesichts der dramatischen Bilder aus dem Fernsehen und einer ungewissen Zukunft vergangen.

Immenser Umsatzzuwachs im Online-Geschäft

Nach der anfänglichen Kaufzurückhaltung kam im April die Lust der Menschen auf Sport zurück und Sporthaus Schuster verzeichnete in seinem Onlineshop eine Verdoppelung seines Online-Umsatzes. Auch bei Ludwig Beck wuchs das Online-Geschäft stark an, allerdings bereits im März. Seitdem kann das Kaufhaus eine Umsatzsteigerung im E-Shop von rund 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verbuchen. Fabian Göhler, Bereichsleiter E-Commerce, Marketing & PR bei der Ludwig Beck AG erinnert sich: „Man sieht sich diese Entwicklung an und traut dem zunächst nicht so recht. Tatsache aber ist, dass sich dieser Umsatzzuwachs von Anfang an durchgezogen hat. Dagegen kann man jedes Weihnachtsgeschäft vergessen!“ Fabian Göhler sieht die Ursache dieser Entwicklung zum einen in der Tatsache, dass das gestiegene Bedürfnis nach Hygiene und Händewaschen dem Online-Sortiment von Ludwig Beck sehr zugute kam, aber auch in dem Geschäftsmodell, das das Kaufhaus der Sinne im E-Shop verfolgt:

Fabian Göhler, Kaufhaus Ludwig Beck
Fabian Göhler, Kaufhaus Ludwig Beck

„Ich bin ein großer Fan von Nischen im Internet. Wir haben uns schon vor Jahren dazu entschieden, lediglich mit unserem sehr exklusiven Beauty- und Kosmetiksortiment online zu gehen. Dafür sind wir bekannt und profitieren heute von einer sehr hohen Kundenbindung. Das hat uns in der Krise sicher auch in die Hände gespielt.“ Beide Unternehmen sind heute froh, sich schon seit Jahren intensiv mit dem E-Commerce auseinanderzusetzen und klare Online-Konzepte zu verfolgen.

„Die Corona-Krise ist wahrscheinlich der erfolgreichste Werbefeldzug für den E-Commerce“, resümiert Fabian Göhler von Ludwig Beck.

Dass Online- und Offline-Kanäle sich gegenseitig kannibalisieren würden, bewertet Fabian Göhler dagegen als Quatsch. „Interne Studien und die Auswertung unserer Konversionsraten haben ergeben, dass sich viele unserer Kunden im Laden inspirieren lassen um dann gezielt online zu kaufen“.

Kundenloyalität als Umsatzgarant in Krisenzeiten 

Mit dem veränderten Kaufkanal hat sich durch die Krise auch die Kundenansprache stark verändert. Bedürfnisse mussten neu erkannt, Themen gefunden und inhaltlich neu erarbeitet werden. „Wir haben im Lockdown immens viel unternommen, dieser Umsatzzuwachs war kein Selbstläufer“, erklärt Fabian Göhler. „Wir haben zu Beginn z.B. viele Handseifen und -Creme Kampagnen durchgeführt. Auch Schminktipps speziell für Augen für Trägerinnen von Gesichtsmasken kamen bei unseren Kunden sehr gut an.“ Es zeigte sich, dass sich das Sporthaus Schuster in der Krise vor allem auf seine Münchner Stammkundschaft verlassen konnte. „Wir haben während des Lockdowns gesehen, dass die Online-Konversion von unseren Münchener Kunden sehr viel höher war, als aus den restlichen deutschen Gebieten“, erklärt Konstantin Rentrop. Nette Kundenmails und Bewertungen bestätigten zudem, dass Kunden ihren Münchener Sporthändler mit einem Online-Kauf aktiv unterstützen wollten. Auf das Vertrauen und die Treue seiner Kunden setzt auch Fabian Göhler - vor allem jetzt nach der Wiedereröffnung von Ludwig Beck. Denn das „Kaufhaus der Sinne“ hat vor allem im Kosmetikbereich sehr viele Auflagen zu erfüllen: „Wir haben in unserer Beauty-Abteilung beispielsweise keine offenen Tester mehr. Düfte, Konsistenten und Farben sind aktuell leider nicht mehr sinnlich erlebbar. Auch dürfen wir unsere Kundinnen nicht mehr schminken.“ Damit wird der Produktkauf in diesem Bereich noch einmal mehr zum „Akt des Vertrauens“ und Beratung erhält eine noch wichtigere Funktion. Was allerdings auch problematisch ist, denn - so Fabian Göhler: „Ein so großes und nun wiedereröffnetes Haus erfordert einen gewissen Personalstamm, der bei niedriger Kundenfrequenz auch eine Last darstellt.“

Inspirativer Einkauf aktuell schwierig, Bike, Running und Fitness läuft sehr gut

Shopping in Corona-Zeiten hat an Leichtigkeit verloren und sich im Vergleich zu früher stark verändert. Zählte das Sporthaus Schuster Anfang des Jahres sehr viele Kunden, die sich im Laden einfach inspirieren lassen wollten, kommen sie heute mit einem sehr konkreten Bedürfnis ins Geschäft.

Die Fokussierung unserer Kunden auf konkrete Bedürfnisse beschert uns zwar eine sehr hohe Konversionsrate, doch die Frequenz in der Fläche ist noch sehr niedrig,“ bestätigt Konstantin Rentrop.

Auch urbane Outdoormode, die nicht direkt zum Sport getragen wird, verkauft sich aktuell schlecht. Sportbekleidung rund um die Sportarten Radfahren, Running und Fitness dagegen funktionieren laut Rentrop sensationell gut. Der Fashionbereich bei Ludwig Beck dagegen leidet aktuell sehr unter Corona. Das liegt auch daran, dass mit den verbotenen Festen und Feierlichkeiten einfach die Anlässe fehlen, um sich neu einzukleiden. Auch die ausbleibenden Touristen in München machen sich im Kaufhaus der Sinne stark bemerkbar: „Ein Drittel unseres Umsatzes erwirtschaften wir normalerweise mit Urlaubern“, erklärt Fabian Göhler.

Krise gemeinsam mit Lieferanten meistern, nicht über Rabatte

Um den Warendruck im Unternehmen zu mildern, hat das Sporthaus Schuster viele Gespräche mit Lieferanten geführt. So konnten Kollektionen z.T. auf das nächste Jahr verschoben oder ein späterer Liefertermin vereinbart werden. Dass der Händler mit vielen Lieferanten schon seit Jahrzehnten zusammenarbeitet, sieht Konstantin Rentrop als klaren Vorteil: „Eine vertrauensvolle und über Jahre gewachsene Händler-Lieferanten-Beziehung hilft sehr in Krisenzeiten.“ Beim Kaufhaus Beck sah die Situation zu Beginn der Krise vor allem im Kosmetikbereich etwas anders aus, denn mit dem unerwarteten Umsatzzuwachs im E-Shop stand plötzlich die Beschaffung zusätzlicher Ware im Vordergrund: „Wir beziehen unsere Produkte aus der ganzen Welt, von Australien bis nach Amerika“, gibt Fabian Göhler zu Bedenken. „Angesichts der eingeschränkten Verkehrsflüsse und der unklaren Produktionskapazitäten überall im Ausland, bestand hier eine große Unsicherheit.“ Auch Logistik und Fulfilment sicherzustellen war, war zu Beginn der Krise eine große Herausforderung. Einig waren sich Fabian Göhler und Konstantin Rentrop, als es auf das Thema Rabatte zu sprechen kam.

Fabian Göhler erklärt: „Natürlich ist die Verlockung aktuell groß, hohe Rabatte einzuräumen. Doch ich warne, dies mit Bedacht zu tun, denn Umsätze allein über Rabatte zu machen, ist oft der Anfang vom Ende.“

Sinkende Frequenzen und neuen Aufbrüche

Was genau die Zukunft bringt, das wissen die Traditionshändler Ludwig Beck und Sporthaus Schuster natürlich auch nicht. Doch sie haben Erwartungen: Konstantin Rentrop rechnet in Zukunft mit weiter sinkenden Frequenzen auf der Fläche, schon in den letzten zwei bis drei Jahren sei diese um 30 Prozent zurückgegangen. Auch bezüglich der Kaufkanäle erwartet er eine weitere Verschiebung hin zum Online-Shop, denn „volle Innenstädte und enge Weihnachtsmärkte“ kann er sich für 2020 nur schwer vorstellen. Dass die Krise für viele Unternehmen existenzbedrohend ist und gleichzeitig eventuelle Schieflagen öffentlich macht, davon sind sowohl Konstantin Rentrop als auch Fabian Göhler überzeugt. Aber sie wird auch neue Chancen bringen! „Kümmert euch um euer Geschäftsmodell!“ mahnt Fabian Göhler alle von der Krise betroffenen Händler in Deutschland, die den digitalen Kanal bislang eher vernachlässigt haben. Schnellschüsse, bei denen komplette Online-Shops binnen drei Wochen aus dem Boden gestampft werden, sieht er daher eher kritisch. „Es ist essenziell, vorab genau zu überlegen, WAS man online anbieten möchte, für WEN und WARUM.“ Gerade erst hat Ludwig Beck einen Online-Shop für den chinesischen Markt gelauncht – mitten in der Corona-Krise. Trotzdem wird das Unternehmen den Forecast für das 1. Halbjahr 2020 erreichen – auch dank der präzisen Vorarbeit. „Den Schritt nach Asien haben wir penibel vorbereitet und wir sind sehr stolz darauf, dass wir aus unserem Lager in Nürnberg 100 Prozent der chinesischen Bestellungen in sechs bis acht Tagen ausliefern konnten!“

Weiterführende Links:

Link zum Digital-Talk: https://neovaude.live/haendlerhelfenhaendlern-2020-05-19/

Initiative Händler helfen Händlern: https://www.haendler-helfen-haendlern.com

Kaufhaus Ludwig Beck: https://kaufhaus.ludwigbeck.de/

Sporthaus Schuster: https://www.sport-schuster.de/

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Run auf Digital-Kompetenz

Run auf Digitalkompetenz: Sportbranche kauft digitales Know-how

Wer heute im Handel erfolgreich sein will, braucht digitales Know-how und Leute, die eine ambitionierte Digital-Strategie umsetzen können. Inhouse sind diese aber kaum zu finden und auch am Arbeitsmarkt sind sie Mangelware. Was also tun, wenn Warten keine Option ist? Statt langwierig eigene Teams aufzubauen, geeignete Ideen zu entwickeln oder das Business ganz auszulagern, ist der Kauf von Digital-Agenturen oder Start-ups eine interessante Option.

Es gibt eine ganze Reihe von Händlern, die durch den Einkauf von Digital-Expertise zum wichtigen Player im E-Commerce geworden sind: Das bekannteste Beispiel aus Deutschland ist Otto mit AboutYou. Der Onlineshop ging erst 2014 online und gehört heute zu den fünf umsatzstärksten Onlineshops für Mode. Er entstand aus der Zusammenlegung mehrerer Digital-Agenturen, nachdem die Otto Gruppe diese gekauft hatte. Auch Zalando konnte sein Wissen durch Übernahmen ausbauen - z.B. mit dem Plattformspezialist Tradebyte. Wie sieht es bei den Sportunternehmen aus?

Internationale Sportbrands kaufen digitales Know-how ein

Wer den Sportmarkt nach interessanten IT-Übernahmen absucht, stößt zunächst mal auf die Big Player: Adidas, Under Armour und Nike. Nike holte sich erst im Sommer neue Digitalkompetenz ins Haus mit der Übernahme des IT-Unternehmens Celect. Die 2013 gegründete Firma hat sich auf vorausschauende Datenanalyse für die Einzelhandelsbranche spezialisiert. Im Jahr zuvor hatte sich Nike bereits die New Yorker Digital-Agentur Zodiac und das IT-Startup Invertex aus Israel einverleibt. Under Armour und Adidas erhielten mit dem Kauf von Fitness Apps gleichzeitig IT-Knowhow und ein fertiges Produkt. 2019 investierte Adidas eine Million Euro in ein Start-up Inkubator Programm um neue Geschäftsideen für die Sportindustrie zu entwickeln. Auch beim Verkauf von SportScheck an GKK dürfte die Digitalkompetenz der Münchner eine wichtige Rolle gespielt haben.

Auch der Mittelstand zieht nach

Doch es gibt auch Mittelständler, die lieber einkaufen gehen statt Agenturen zu beauftragen. Rose Bikes aus Bocholt übernahm 2019 die preisgekrönte Essener Agentur Kommerz. Zu den 450 Mitarbeitern des traditionsreichen Versand- und Onlinehändlers mit drei stationären Geschäften kamen noch 27 Kreative hinzu, die sich voll und ganz auf Digitalisierung und E-Commerce fokussieren konnten. „Entweder suchst du 27 Leute, die zu einem Team werden müssen, oder du kaufst ein Team“, erklärt Marcus Diekmann, CCO und CDO von Rose Bikes. „Obwohl wir gerade sehr erfolgreich sind und einen guten Vorsprung haben, ist klar, dass sich der Handel immer schneller wandelt, deshalb müssen auch wir an Geschwindigkeit zulegen – und das bezogen auf unsere Evolutionsstufen, unsere Arbeitsweise und unsere Ressourcen. Aus dem Grund haben wir uns zur Verschmelzung mit Kommerz entschieden.“

Unternehmensanteile als Anreiz

Diekmann gehört selbst zur Rose Geschäftsführung und hat vorher mehrere Digitalisierungsprozesse in Unternehmen geleitet und Agenturen geführt. Seine ersten Maßnahmen bei Rose: „Als Erstes haben wir gemeinsam die typischen Drei-Jahrespläne über Bord geworfen“, so Diekmann. „Das sind viel zu lange Zeiträume.“  Stattdessen hat er mit dem Team eine sehr klare Marschroute entwickelt, die festlegt, wo Rose Ende 2020 stehen soll – in den Bereichen Brand, Produkt, Preis, Reichweite, Service, Features, Organisation, Technik und Prozesse.

Transformationsbereitschaft ist sein Dauerziel. Bei der Transaktion floss kein Geld, es wurden nur Anteile vergeben. So will Rose Unternehmergeist und Kreativität im Kommerz Management lebendig halten. Das war auch der Grund für die jüngste Gründung eines Joint Ventures in der Schweiz, das seit Dezember den schweizerischen Markt aufbauen soll. „Ich habe schon oft gesehen, wie kleine, agile Unternehmen in neue Firmen integriert wurden: Man zahlt den Inhabern Geld und nimmt ihnen die Motivation, man tötet das Unternehmertum“, so Diekmann. In Bezug auf das Wachstum scheint die Strategie aufzugehen: Für das Jahr 2018/2019 meldet Rose ein Umsatzwachstum von 20 Prozent auf 102 Millionen Euro, 2020 sollen es 125 Millionen Euro werden.

Weiterführende Links:

Kommentar: Gute Zeiten für den Verkauf von Digital-Agenturen

Blick auf andere Branchen: VW übernimmt  Digitalagentur Diconium komplett

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Ethische Leitlinien für KI

KI und Ethik: Wissen sie, was sie tun?

Künstliche Intelligenz (KI) ist vielen Menschen auf der ganzen Welt nicht geheuer. Die aktuelle Studie im Auftrag der Stiftung Weltwirtschaftsforum (WEF) hat das gerade erst wieder bewiesen. Höchste Zeit also, der Begeisterung über technische Möglichkeiten einen Rahmen in Form von ethischen Leitlinien gegenüberzustellen. Die Protagonisten der Künstlichen Intelligenz haben auf der KI-Konferenz AI4U über KI und Ethik diskutiert. Das Ergebnis: Man ist sich der Gefahren bewusst und beginnt gegenzusteuern.

KI ist ein Hype-Thema, obwohl es diese Forschungsdisziplin schon seit Jahrzehnten gibt. Doch tatsächlich erlebt sie gerade Quantensprünge an technischen Neuerungen. Ebenfalls neu - zumindest in unserer Wahrnehmung - ist, dass KI heute fast alle Branchen betrifft. Egal ob Marketing, Medizin, Automotive, Versicherungen oder Landwirtschaft, überall kann KI zum Einsatz kommen und Entscheidungen beeinflussen.

Die Welt ist sich einig, dass KI gefährlich ist

Genau das macht Menschen Angst. Die aktuellste Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) zeigt: 41 Prozent der befragten 20.000 Menschen in 27 Ländernsind über den Einsatz künstlicher Intelligenz besorgt. 48 Prozent meinen, die Anwendung von KI durch Firmen sollte stärker als bislang reguliert werden. 19 Prozent der Befragten wollen gar ein Verbot von KI. Besonders erstaunlich ist der breite Konsens, den die Weltbevölkerung in der Studie an den Tag legt. Denn laut WEF spielte bei dem Ergebnis weder Alter, Einkommen oder Bildungsniveau der Befragten eine Rolle. Kurz: Egal ob alt, jung, reich, arm, gebildet oder weniger gebildet, die Welt ist sich einig, dass KI gefährlich ist.

KI kann Menschen unabsichtlich diskriminieren

Die gute Nachricht: Maschinen können keine eigenmächtigen Entscheidungen treffen. Es ist der Mensch, der die Regeln für die Entscheidungsfindung der Maschine festlegt. Die schlechte Nachricht aber ist, dass KI-gesteuerte Technologien manchmal Entscheidungen treffen, die zwar den gegebenen Regeln folgen, aber in ihrer Konsequenz nicht gewollt sind. Ein Beispiel: Das Targeting und die Ausspielung von Anzeigen auf Facebook erfolgt KI-gesteuert. Auch Job-Anzeigen sind davon betroffen. Aufgrund der Datenmenge und der rückgekoppelten Vermittlungserfolge hat der Algorithmus dann z.B. gelernt, dass er die Ausschreibung für eine zu besetzende Mathematiker-Stelle nur an weiße, männliche Personen im Alter von 30 Jahren ausliefern braucht. Denn vor allem diese Personengruppe tritt die Stelle am Ende an. Frauen und ältere Menschen dagegen wurden im Laufe der Zeit komplett ausgegrenzt. Ein Zustand, den weder die ausschreibende Firma noch Facebook intendierte, die durch KI und ihren selbstlernenden und sich stetig optimierenden Algorithmus aber einfach passiert ist. Ähnliche Fälle sind denkbar, wenn Banken ihre Kredite zukünftig KI-gestützt vergeben oder Versicherungen ihre Risikobewertungen durchführen.

Wissenschaftler arbeiten an Transparenz und dem Ende der Black Box

Es sind also nicht nur die extremen Fragestellungen wie wir sie z.B. aus dem Automotive-Bereich kennen wie „Überfahre ich das Kind oder den Greis?“, die die Wissenschaft gerade umtreibt. Auch auf den ersten Blick „harmlose“ Anwendungen können unethische Auswirkungen haben. Eine Maßnahme, die dem entgegenwirken soll, ist die Forderung nach mehr Transparenz in der KI-Technologie. Die vielzitierte „Black Box“, bei der die Daten vorne hineinlaufen und eine Entscheidung hinten herauskommt, muss für den Menschen transparent und nachvollziehbar werden. „KI wird nur gesellschaftliche Akzeptanz erfahren – und damit auch in der Wirtschaft breit eingesetzt werden können, wenn die Menschen ihr vertrauen“, bringt es Prof. Dr. Antonio Krüger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz auf den Punkt. Einer der Forschungsschwerpunkte an seinem Institut liegt u.a. darin, die Entscheidungsfindung von Tiefen Neuronalen Netzen bzw. von KI transparenter und erklärbar zu machen.

Bereitschaft für ethische Leitlinien für KI wächst

Klar wurde bei der Diskussion, dass das Thema KI und Ethik in Wissenschaft, Politik und Wirtschaft inzwischen sehr ernst genommen wird – zumindest in Deutschland und Europa. Erst im Januar verkündete Sheryl Sandberg, Co-CEO von Facebook, 6,5 Mio. Euro für den Aufbau eines Ethik-Instituts für KI an der TU München bereit zu stellen. Im Oktober bereits soll das „TUM Institute for Ethics in Artificial Intelligence“ seine Arbeit aufnehmen. Auch immer mehr Unternehmen und sogar Staaten sehen die Notwendigkeit, ihrer Arbeit durch Leitlinien für KI einen ethisch akzeptablen Rahmen zu geben. Mario Brandenburg, Mitglied des Deutschen Bundestages und Obmann der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz" gibt aber zu bedenken: „Man kann nicht für jeden Anwendungsfall einen Rechtsraum bauen“. Einig sind sich Politik und Wissenschaft aber, dass es ohne Regelungen auch nicht geht - wobei es mit dem Grundgesetz, dem Verbraucherschutz und z.B. der DSGVO im Prinzip schon einen sehr brauchbaren rechtlichen Rahmen gäbe. Allerdings ginge es nicht darum, KI ethisch zu programmieren sondern darum, dass wir Menschen den Umgang mit KI ethisch gestalten, betonte Frau Prof. Dr. Petra Grimm, Leiterin des Instituts für Digitale Ethik an der HdM Stuttgart.

KI und Ethik AI4U 2019
Mario Brandenburg, MdB; Prof. Dr. Petra Grimm (HdM), Prof. Dr. Antonio Krüger (DFKI)
KI für Jedermann?

Abgesehen von den unbestreitbaren Risiken von KI wurde auf der AI4U auch der umgekehrte Ansatz diskutiert, wie ethisch es denn sei, zu wenig Technologie einzusetzen? Was, wenn KI-gestützte Entscheidungen im Durchschnitt viel besser sind als die der Menschen? Ist es dann unethisch, keine KI einzusetzen? Und welche Fehler wiegen schwerer, die durch Technologie verursachten oder die von Menschen begangenen? Sind beispielsweise 5.000 Verkehrstote durch autonomes Fahren schlimmer als 10.000 Tote durch menschliches Versagen? Auf solche Fragen gibt es aktuell noch keine Antwort. Wichtig ist aber, diesen Diskurs öffentlich und so breit wie möglich zu führen. Denn, und das gaben die KI-Experten auf der AI4U zu bedenken: KI lässt sich leicht bauen und es wird immer leichter werden. Die Verantwortung verteilt sich damit auf immer mehr Schultern. Spätestens dann braucht es zwingend gesellschaftlich akzeptierte und weitreichende Leitlinien für einen ethisch verantwortungsvollen Einsatz von KI.

Weiterführende Links:

AI4U Konferenz

Studie des Weltwirtschaftsforums


SportScheck Filiale München

Zwischenbilanz: Jan Kegelberg über Tops und Flops bei der Transformation von SportScheck

Der stationäre Handel steckt in der Krise und es ist Pioniergeist gefragt, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Emotionaler und digitaler sollen die Läden werden, eben ein kundenzentrierter Mix aus dem Besten aus On- und Offline-Welt... Aha... Ideen dazu gibt es viele, aber welche funktioniert wirklich? Schließlich geht es auch um Geld! Jan Kegelberg, Chief Digital Officer (CDO) bei SportScheck und seit 2015 aktiver Transformator des Multichannel-Anbieters, kennt die Hypes um Eintagsfliegen und die Ideen, die einen echten Mehrwert bieten. Welche Tops und Flops das bei SportScheck sind, verrät er uns in einer Zwischenbilanz.

Jan, SportScheck ist mit Dir seit 2015 auf dem Weg in die Transformation. Würdest Du sagen, dass Ihr ganz gut vorangekommen seid?

In vielen Bereichen sind wir tatsächlich schon sehr gut aufgestellt. Beispiele sind vor allem im Marketing, wo wir weg vom Katalog hin zum Customer Journey Marketing inklusive Social Media massive Fortschritte gemacht haben. Auch die Erweiterung unseres Online Shops um das Marktplatzgeschäft hat sich sehr positiv entwickelt und wir erleben eine hohe Nachfrage von Partnern im Markt. Mit unserer Sporterlebnis-Plattform Fitfox und unseren Retail Media Services sind wir darüber hinaus auch sehr erfolgreich. Es gibt aber auch Bereiche, in denen wir gerne schon weiter wären. Ein großer Punkt ist hier der Kulturwandel, der einfach Zeit braucht. Auch wären wir gerne beim Thema Personalisierung schon weiter, aber auch hier werden wir in diesem Jahr deutliche Verbesserungen realisieren können.

Du hast bei SportScheck inzwischen viel ausprobiert. Was waren aus Deiner Sicht die Tops, wenn es darum geht, den stationären Handel zukunftsfit zu bekommen?
Jan Kegelberg CDO SportScheck
Jan Kegelberg CDO SportScheck

Ganz wichtig war es, unser CRM journey-basiert aufzusetzen. Wir haben heute keine Kanalsilos mehr, die Läden, Onlineshop, Marketing oder Events kommunikativ trennen. Das hat viel Geld und Kraft gekostet, aber es war essentiell für das Kundenerlebnis. Jeder Verkäufer in unserer Filiale hat heute Zugriff auf die kanal-übergreifende Kundenhistorie. Das ist wirklich ein Mehrwert für den Kunden, und er erwartet das inzwischen auch. Für uns ergibt sich der Vorteil, dass wir unsere Kunden so viel besser betreuen und beraten können.

Gibt es weitere Top-Maßnahmen für Multi-Channel?

Genauso wichtig bewerte ich, dass unser Warenfluss heute ganz flexibel strukturiert ist. Der Kunde kann Produkte online bestellen, im Laden abholen oder im Laden bestellen und zuhause anprobieren und wieder im Laden umtauschen. Alles kein Problem. Für Kunden ist es nicht mehr nachvollziehbar, wenn solche Prozesse nicht angeboten werden. Der Kunde denkt ja nicht in Kanälen, viele Händler tun das aber heute noch.

Das Tablet am POS als Tool für unsere Verkäufer funktioniert ebenfalls sehr gut. Wir haben damit Zugriff auf alle Produktinformationen und -lagerorte. Wenn ein Produkt im Laden nicht mehr in der passenden Größe vorrätig ist, kann der Verkäufer es aus dem Zentrallager oder einem anderen Store ordern. Er kann es aber auch direkt zum Kunden nach Hause schicken lassen. Wir können sogar auf unser gesamtes Online-Marktplatzsortiment aus der Filiale zugreifen und für den stationären Kunden verfügbar machen. Für den Kunden ist es frustrierend, wenn sein gewünschtes Produkt nicht verfügbar ist! Das sind dann die Momente, wo er sich sagt, dass er nächstens Mal lieber gleich online kauft. Bis September dieses Jahres wollen wir in allen unseren Läden zudem einen mobilen Check-out einführen. Dann können Kunden direkt beim Verkaufsberater bezahlen und sparen sich den Gang an die Zentralkasse. In unserem Pilot-Store in Köln wird das sehr gut angenommen und führt zu echter Kundenbegeisterung.

Und die Flops?

Info- oder Verkaufs-Terminals im Laden wollen unsere Kunden nicht. Wenn man sich schon dafür entscheidet, in der Stadt einzukaufen, will man auch die Interaktion mit Menschen – sonst könnte man ja gleich zuhause auf dem Sofa einkaufen. Ich glaube die Menschen, die stationär shoppen, sind in einem anderen „State of Mind“, deshalb funktionieren digitale Self-Services im Laden oft nicht. Da haben wir in der Vergangenheit Lehrgeld gezahlt. Anders ist es bei digitalen Lösungen, die den Verkäufer im Verkaufsprozess unterstützen. Da wollen wir uns weiter verbessern.

Kundenerwartungen sind heute sehr dynamisch. Wie erkennt Ihr, was der Kunde will bzw. was er wertschätzen wird?

Wir fragen den Kunden! Jeden Monat sammeln wir Kundenfeedback sowohl online, aber auch in den Filialen. So erhalten wir relevante Anregungen zur Weiterentwicklung. Bevor wir eine Idee umsetzen, erstellen wir auch oft Prototypen, die wir dann im Use Lab vom Kunden testen lassen. Später überprüfen wir dann anhand von KPIs, ob unsere Veränderungen einen Mehrwert für den Kunden bieten.

Im Rückblick: Was waren/sind aus Deiner Sicht die größten Hürden bei Eurer Digitalisierung?

Der Kulturwandel ist wirklich eine Herausforderung und wurde von uns zu Beginn vielleicht auch etwas unterschätzt. Neue Prozesse aufzusetzen und Abteilungen zusammenzubringen, die früher keine Berührungspunkte miteinander hatten und jetzt gemeinsame Projekte planen und umsetzen müssen, das ist nicht so einfach. Das braucht einfach Zeit. Die gewonnen Daten aus den Kundeninteraktionen entlang der Customer Journey können nur dann erfolgreich genutzt werden, wenn alle zusammenarbeiten und gemeinsam Ideen entwickeln, welche ganzheitlich vom Kunden gedacht sind.

Und wie reagiert der Kunde darauf, wenn Ihr neue Tools oder Services einführt?

Das wird sehr positiv aufgenommen. Wir zwingen auch niemanden in ein Korsett; fast alles, was wir neu anbieten, sind ergänzende Leistungen. Wichtig ist, dass das Kerngeschäft weiterhin für den Kunden funktioniert: Das Produkt muss verfügbar, der Preis attraktiv und die Beratung gut sein. Wenn diese Punkte abgehakt sind, hat man schon viel richtig gemacht! Und unbedingt noch kostenloses WLAN!

Vielen Dank für das interessante Interview!

Weiterführende Links:

Jan Kegelberg am 21. Mai 2019 auf dem ECD in München

Zur Website von SportScheck

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Retail Design: Die Trends der Ladenbauexperten

Kassenloses Bezahlen: Wirklich ein Vorteil für die Kunden?


Die Trends im Ladenbau

Retail Design: Die Trends der Ladenbauexperten

Habt ihr euch schon mal gefragt, welches Einkaufserlebnis würdig genug ist, dass es im Gedächtnis bleibt? Gar nicht so einfach. Und schon gar nicht eindeutig. Aber genau diese Frage treibt gerade den stationären Händler um. Wie lockt man den Kunden ins Geschäft und wenn er drin ist, wie schafft man es, dass er auch wiederkommt? Die Ladenbauexperten von umdasch, atelier 522, Gruschwitz und Blocher Partners zeigen die Trends im Retail Design. Das Urteil unisono: "Mehr Gastgeber, weniger Warenrampe!"

Es gibt gleich mehrere Gretchenfragen, mit denen der stationäre Handel sich gerade herumschlagen muss: Wie schaffe ich es, dass der Kunde meinen Laden überhaupt wahrnimmt? Und: Was muss ich tun, damit er sich im Laden wohlfühlt und wiederkommt? Philipp Beck, CEO von atelier 522 beschwört dazu die Theorie der 1000 Kleinigkeiten: „Es kommt darauf an, aus der Summe vieler Kleinigkeiten ein stimmiges „großes Ganzes“ entstehen zu lassen.“

 

Das Ziel: Maximale Aufenthaltsqualität

Bei dem sehr abstrakten „großen Ganzen“ spielen auch ganz unterbewusst wahrgenommene Faktoren wie etwa die Form des Türgriffs, das Gewicht und Geräusch der Türe eine Rolle. Auch Fragen wie „Kommt der Kunde beim Eintreten in das Ladenlokal aus einer Enge ins Weite? Gibt es Intimität und Größe?“ müssen vom Händler beachtet werden, wenn er beim Ladenbesucher ein angenehmes Erlebnis hervorrufen will. „Händler müssen sich grundsätzlich fragen, ob der Laden eine Atmosphäre schafft, in der es sich lohnt, die eigene wertvolle Zeit zu verbringen,“ bringt es Philipp Beck auf den Punkt. Dabei vergleicht er den Laden gar mit anderen Erlebnisorten wie z.B. dem Theater, Restaurants oder Cafés, mit denen Geschäfte von heute um die Gunst des Besuchers buhlen müssen.

 

Überraschung als Nachfrage-Stimulation

„Das grundsätzliche Konzept des Einkaufens wird sich zwar nicht so gravierend ändern,“ ist Maik Drewitz, Shop Consult Director bei umdasch, überzeugt, „wohl aber die Warenpräsentation am POS und die Einbeziehung des Kunden in diesen“. In Zeiten des Internets müssen Händler ihren Kunden mehr Anreize bieten, um ihn ins Geschäft zu locken und müssen auch mehr tun, damit sie bleiben. Dabei darf der Handel ruhig überraschen. Denn anders als im Internet hat der stationäre Handel die Möglichkeit, den Kunden multisensual zu begeistern. Und darum geht es schließlich: Im Laden einen Mehrwert gegenüber dem Onlineshop zu schaffen. Dazu gehören auch Produkte, die es online nicht ohne weiteres gibt. Inspiration geht im Laden schließlich viel besser, denn was der Kunde nicht kennt, kann er im Internet auch nicht suchen. Dazu passend gibt Philipp Beck zu Bedenken: „Ist es heute nicht so, dass ein überraschendes Angebot erst die Nachfrage erzeugt und die Zeiten, in denen man auf eine Nachfrage reagiert bzw. dieser folgt, vorbei sind?“

 

ROI als Risiko: Zeit für neue KPIs

Die immer mehr am Erlebnis ausgerichteten Ladenlokale brauchen aber auch neue Erfolgskennzahlen. Einen deutlichen und immer wichtiger werdenden Wandel in der Beurteilung von Store-Konzepten sieht Wolfgang Gruschwitz, Geschäftsführer der Gruschwitz GmbH: „Anstelle des ‚Return on Investment’ werden Kenngrößen wie Return on Interest/Involvement oder Integration immer entscheidender“. Schließlich geht es darum, dass der Kunde zurückkommt und sich mit dem Ort/dem Laden verbunden fühlt. Wer dagegen zu sehr den klassischen ROI im Fokus habe riskiert, schnell vergleichbar und damit austauschbar zu werden. „Händler sollten mutiger bei der Umsetzung von innovativen Konzepten sein“, wünscht sich Gruschwitz. Anstatt holistisch die gesamte Customer Journey zu betrachten und das Erlebnis in den Vordergrund zu stellen, seien viele Händlerkonzepte auch heute noch zu sehr auf die Verkaufszahlen ausgerichtet.

 

Faktor Mensch: Der Schlüssel zum nachhaltigen Markenerlebnis

Beim Retail Design der Zukunft geht es um Intuition, Gefühl und Authentizität. Ganz im Sinne des „story telling“ transportieren erfolgreiche Store-Beispiele stets eine klare und unverwechselbare Botschaft. Maik Gruschwitz ist überzeugt: „Dabei spielt der Faktor Mensch als Berater und Testimonial im Laden eine der größten Rollen.“ Denn tatsächlich ist es der Verkäufer oder die Verkäuferin im Laden, die mit dem Kunden interagiert und ganz erheblich zu einem begeisternden Shoppingerlebnis beitragen kann. Hier sieht Maik Gruschwitz viel Potenzial, das in Zukunft strategisch noch besser genutzt werden muss. Jutta Blocher von Blocher Partners sieht dazu auch einen weiteren Trend: „Wir stellen fest, dass stationäre Händler sich zunehmend mit allen Möglichkeiten auseinandersetzen, um Beziehungen zum Kunden aus- und aufzubauen und bewusst mit ihm in den Dialog zu treten“.

 

Technologie gehört dazu

Als Trend im Retail Design sehen die Ladenbauer, dass stationäre Geschäfte zur Werkstatt bzw. zum Experimentierfeld umfunktioniert und Testläden für neue Konzepte üblich werden. Dazu gehört auch der sinnvolle Einsatz von Technologie. Große Videowalls mit Imagevideos, Sportereignissen, Fashionshows oder anderen passenden Bewegtbildern sind längst ein gängiges Bild, um Läden emotional aufzuladen.

Arbeitserleichterung versprechen zudem Techniken wie Digital Signages, Self Checkouts oder die Einbindung mobiler Devices. Auch künstliche Intelligenz wird den Laden der Zukunft innovativer und kreativer machen. Erste mutige Konzepte mit Virtual Reality oder Robotik lassen erahnen, wo die Reise hingehen könnte.

Einig sind sich die Ladenbauexperten darüber, dass der stationäre Handel alles andere als tot ist. Jutta Blocher bringt es auf den Punkt: „Die stationäre Präsenz ist das größte Pfund im Wettbewerb mit dem Online-Handel. Das sieht man auch daran, dass die digitalen Anbieter ebenfalls offline gehen“.

 

Weiterführende Links zu den Ladenbauexperten:

www.atelier522.com

www.blocherpartners.com

www.gruschwitz.de

www.umdasch.com

 

 

 

 


Alpecin Banner zum Singles Day in China

Singles Day: Wie die Marke Alpecin China erobert

China ist mit 188 Milliarden Euro Außenhandelsvolumen der wichtigste Handelspartner Deutschlands (Quelle Statista 2017). Verkaufsrekorde am Singles Day in diesem Jahr bestärken deutsche Unternehmen, den Schritt in das Reich der Mitte zu wagen. Wie aber kommen deutsche Produkte zum chinesischen Verbraucher? Die deutsche Haarpflegemarke Alpecin macht es vor und zeigt, wie Logistik, Produktion und On- und Offline-Marketing am Point of Sale optimiert werden, um an den Verkaufsrekorden am spektakulären Singles Day Online zu partizipieren. Ganz nach dem chinesischen Sprichwort von Laotse: „Auch der längste Marsch beginnt mit dem ersten Schritt“.

Als deutsches Unternehmen den Singles Day in China aktiv mitzuerleben und Verkäufe dort in Echtzeit auszusteuern ist ein Erlebnis - und bedeutet 24 Stunden Daueranspannung. Chapeau, wenn man angesichts des Marktvolumens dort nicht die Übersicht verliert. Alpecin, bekanntes Männershampoo gegen Haarausfall und Marke der in Bielefeld ansässigen Dr.Wolff-Gruppe, hat am 11.11.2018 diesen Tag hautnah miterlebt. Dank der Erfahrungen aus dem Vorjahr konnte das deutsche Team gemeinsam mit seinen chinesischen Kollegen vor Ort eine tolle Performance hinlegen und sieht weiter große Wachstumspotenziale im asiatischen Markt.

Der Markt muss zum Produkt passen

In Asien gilt gesundes, volles Haar als Status-Symbol. Asiatische Männer wie Frauen lassen sich Haarpflege-Produkte also durchaus etwas kosten. Der für das Jahr 2018 prognostizierte Umsatz im Bereich Hair Care beträgt in China umgerechnet rund 6 Mrd. Euro und ist seit Jahren stetig am Wachsen. Ein guter Grund für die deutsche Dr. Wolff-Gruppe, den Schritt nach Asien zu wagen. Zudem stehen deutsche Produkte in China hoch im Kurs beim Verbraucher. Auch Alpecin setzt beim Design der Flaschen auf „Made in Germany“ und färbt die Flaschenverschlüsse im Farbmuster der Deutschen Flagge.

30.000 Shampoo-Flaschen in 24 Stunden

2013 startete der Verkauf von Alpecin-Produkten in Asien, seit gut zwei Jahren ist die Marke auch in China vertreten. Um das gigantische Marktvolumen angemessen steuern zu können, entschied sich die Dr.-Wolff-Gruppe, zunächst Strukturen vor Ort aufzubauen. In Shanghai betreut heute ein achtköpfiges Team Vertrieb und Marketing in China – mit starkem Fokus auf verknüpfte Online- und Offline-Marketingaktivitäten. Jede dritte in Bielefeld produzierte Alpecin-Flasche wird heute nach Asien verkauft. Am vergangenen Singles Day erlebte die Marke einen wahren Kaufrausch.

Der 11. November 2018 , weltweit stärkster Verkaufstag nach dem US-amerikanischen Black Friday, lieferte dem Unternehmen einen Verkaufsrekord. Allein im eigenen Online-Flagshipstore setzte die Dr. Wolff-Gruppe 30.000 Produkte binnen 24 Stunden ab, insgesamt wurden rund 60.000 Shampoo-Flaschen verkauft. Aber dieser Ansturm wollte gut vorbereitet sein. Über Wochen hinweg bereitete sich das Unternehmen auf diesen Tag vor, passte Logistik und Produktion in Deutschland darauf an, stellte Verfügbarkeiten sicher und plante die Werbeaktivitäten. Dabei setzte das Alpecin-Team auf eine enge Verzahnung von stationärer und Online-Verfügbarkeit. Neben stationären Drogeriemärkten waren die Produkte vor allem auf Plattformen wir Alibaba, Tmall und JD präsent. In 3000 Premium-Supermärkten wurden zudem bereits Wochen vor dem Event spezielle Aktionspakete angeboten und promoted, die auch auf den Online-Umsatz einzahlten.

Werbemaßnahmen wurden in Echtzeit und kanalspezifisch ausgesteuert, auf  Kundenanfragen musste schnellstmöglich geantwortet werden. Gleichzeitig bestand eine Standleitung nach Deutschland, um die Zwischenstände Tag und Nacht zu berichten. In China sind Shopping-Möglichkeiten in Social Media-Kanälen sehr verbreitet und werden rege genutzt. Alpecin setzte daher am Singles Day auf zahlreiche Social Media Channels. Hier wurden verschiedene Werbemittel ausgetestet und in Echtzeit optimiert, Chat-Verläufe wurden ausgewertet, Reaktionen beobachtet und aus den Erfahrungswerten Learnings für zukünftige Kampagnen gezogen.

Alpecin im Online-Store zum SinglesDay China

Singles Day als Umsatzbooster?

Auch wenn viele Experten Extrem-Shopping-Tagen wie dem Singles Day oder Black Friday kritisch gegenüberstehen und warnen, dass bei hohen Werbeausgaben und Rabatten oft keine Gewinne übrig blieben: Für die Dr. Wolff-Gruppe hat sich die Teilnahme an dem Event nach eigenen Angaben rundherum gelohnt. Vor allem die Erfahrungen aus der Teilnahme schätzt das Unternehmen als sehr wertvoll ein. Allerdings hat sich Alpecin auch bewusst aus den oft desaströsten Rabattschlachten herausgehalten. Nur ganz normale Angebote habe das Alpecin-Team promoted, Rabatte lagen nicht höher als zehn Prozent.

Angetrieben durch die positiven Erfahrungen vom chinesischen Singles Day, plant das Unternehmen nun auch die Teilnahme am Black Friday in den USA. Gerade erst hat die Dr. Wolff-Gruppe ein Office in den USA eröffnet. Eines ist aber klar: Auch dort will man zuerst Erfahrungen sammeln, bevor in große Marketing-Kampagnen investiert wird. Unken-Rufen und Warnungen vor Schnäppchentagen wie Singles Day und Black Friday lassen das Unternehmen jedenfalls kalt: Wer seine Prozesse und Kosten im Griff hat, kann offensichtlich mit gestärkter Brust aus den Shoppingtagen hervorgehen.

Weiterführende Links:

www.alpecin.com

www.drwolffgroup.com

 

 

 


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Black Friday: Ein gefährliches Spiel mit Auswegen

Am 23. November ist es wieder soweit: Es ist Black Friday! Und dann beginnt sie wieder, die Jagd auf die billigsten Preise, krassesten Discounts und verrücktesten Verkaufsrekorde. Mindestens ein Wochenende lang herrscht dann Ausnahmezustand im Handel – sowohl online als auch auf der Fläche. Wehe dem Händler, der da nicht mitzieht und seinen Kunden nicht mindestens 25 Prozent Rabatt auf Alles einräumt. Aber: Können Händler sich das überhaupt leisten? Und gibt es einen Weg, um aus dieser Preisspirale heraus zu kommen?

Schnäppchenwahn als Gewinnkiller

„Inspiriert“ von den USA, hat die heimische Handelsszene erst vor wenigen Jahren den Black Friday als Schnäppchentag eingeführt. Heute liegt Deutschland mit einem geschätzten Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro am Black-Friday-Wochenende hinter den USA und Großbritannien weltweit auf dem dritten Platz. Inzwischen ist allerdings klar geworden, dass die „Erfindung eines Schnäppchentages“ so kurz vor Weihnachten ein gefährliches Spiel für den Handel ist. So mancher spricht gar von der Büchse der Pandora, die besser hätte geschlossen bleiben sollen. Denn es ist kein Geheimnis, dass der Black Friday die Erwartungen oft nicht erfüllt – schon gar nicht die des Handels. Im Januar 2018 beispielsweise verkündete der Mutterkonzern von MediaMarkt Saturn, dass der Schnäppchentag im November für deutlich weniger Gewinn im wichtigen Weihnachtsgeschäft sorgte. Die Preisreduzierungen am Black Friday seien einer der Hauptgründe dafür, dass das operative Ergebnis des größten deutschen Elektronikhändlers um mehr als 15 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen habe. Auch aus Konsumentensicht gab es durchaus Anlass für Ärger: Im allgemeinen Kaufwahn entpuppte sich so manches Superschnäppchen im Nachhinein als doch kein so gutes Angebot, weil mancher Händler den Rabatt von den unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller berechnete, der ohnehin oft deutlich über dem Marktpreis liegt. Oder es wurden Ladenhüter verkauft, die längst abgeschrieben waren. Auch das Shoppingerlebnis selbst wurde oftmals zum Geduldsspiel, weil mancher Server dem Useransturm nicht gewachsen war.

Rekordverkäufe und extreme Retouren

Der Black Friday lebt vor allem von Spontankäufen. Viele Kunden überlegen es sich bei Lieferung aber wieder anders und retournieren das bestellte Produkt. Diese ungeplanten Einkäufe lassen somit zwar die Umsätze schlagartig in die Höhe schnellen, die Retourenquoten allerdings auch – und damit die Kosten pro Bestellung. Die extrem hohen Retouren zum Black Friday sind vor allem für kleine Händler schwer zu stemmen. Nicht nur, dass Rücksendungen die Marge verringern. Wenn Produkte teils wochenlang im Retourenprozess gebunden sind, können sie auch nicht verkauft werden. Laut Clear Returns waren in Großbritannien im Jahr 2015 zwischen dem Black-Friday-Wochenende und Mitte Dezember Waren im Wert von rund 680 Millionen Euro durch Retouren blockiert.

Mehr Wert in Zeiten des Billigen

Sind wir also auf dem Weg zu einer Discountgesellschaft? Wenn Rabattaktionen vom Kunden erwartet werden können, warum sollte er dann noch zum regulären Preis kaufen? Besonders nachhaltig ist es aus Sicht der Händler also nicht, regelmäßig neue Rabattschlachten anzuzetteln. Anstatt also stetig an der Preisschraube zu drehen, könnten Unternehmen einen anderen Weg einschlagen, nämlich den Wert des Produktes erhöhen. Das kann auf vielfache Weise geschehen und muss nicht zwangsläufig zu teuren, wohl aber zu wertvolleren Produkten führen. Eine Maßnahme kann Storytelling sein: Erst in einem begehrenswerten Kontext erhält ein Produkt seinen Wert, etwa weil es in einem besonderen Herstellungsverfahren erstellt wurde, Urlaubserinnerungen weckt oder aus einer besonderen Idee heraus entwickelt wurde. Dann macht es einen Unterschied, ob ein Produkt einem Dorf in Guatemala zugute kommt oder in einer kleinen Manufaktur in Deutschland hergestellt wurden. Menschen, die mit einem Produkt ein bestimmtes Gefühl verbinden, lassen sich weniger stark vom Preis lenken.

Production-on-Demand für weniger Angebot

Insbesondere die Fashionbranche versucht gerade, einen Weg aus der Preisspirale heraus zu finden - indem sie das Angebot verringert. „Production-on-Demand“ ist hier das Zauberwort. Asien möchte darin Vorreiter werden und entwickelt mit Hilfe staatlicher Waren- und Massenproduktionsverfahren, die Verbraucher direkt mit den Fabriken verbinden, um Massenproduktionssysteme auf Abruf zu etablieren. Damit will man die heute oft überbordenden Überproduktionen verhindern. Das grundlegende Problem der Branche ist, dass bei der Produktentwicklung und anschließenden Produktion noch niemand weiß, welche Produkte sich gut verkaufen werden. Um für den schwankenden Verbraucherwunsch gerüstet zu sein, sind Fashionfirmen gezwungen, viel zu produzieren – viele Kollektionsteile und hohe Stückzahlen. Das verschlingt nicht nur hohe Lager- und Produktionskosten, es ist auch klar, dass ein großer Teil der Ware keinen Käufer findet – jedenfalls nicht zum regulären Preis. Um die Marke durch Billigangebote nicht zu gefährden, vernichten manche Hersteller daher lieber ihren Überhang. Um die Produktentwicklungszyklen zu verkürzen experimentieren in Asien aktuell viele Hersteller mit Production on Demand – wenn auch im Moment nur im Bereich „Basics“ in Standardstoffen und –farben. Wie der Konsument auf ein geringeres Angebot und stabilere Preise reagieren wird bleibt abzuwarten – angesichts gewohnt übervoller Fashionläden und unendlicher Online-Sortimente ist das wahrscheinlich noch viel schwerer vorherzusagen.


Demokratisierung von Wissen

Demokratisierung von Wissen: Was verträgt die Netzgemeinde?

Microsoft hat gerade erst für 7,5 Milliarden US-Dollar das Open Source Portal Github gekauft und entwickelt sich auch unternehmensintern immer mehr in diese Richtung. Auch der Zugang zu bislang sehr exklusivem Wissen wird in der Software-Szene immer offener gestaltet. In Europa dagegen will die EU das Urheberrecht reformieren und mit den umstrittenen Upload-Filtern die Offenheit des Internet drastisch beschneiden. Die Grundsatzfrage lautet: Demokratisierung von Wissen oder Kontrolle?

Es ist wie im richtigen Leben: Zwei Herzen schlagen in meiner Brust, wenn es darum geht, Freiheit und Sicherheit miteinander in Balance zu bringen. Lieber mehr Freiheit, mehr Innovation, mehr Spaß (?) oder doch besser die sichere und vielleicht auch gerechtere Variante, in der alles geregelt, normiert aber eben auch viel ausgebremst wird? Jeff Fritz, Senior Program Manager und Community Experte bei Microsoft Corp., hat sich da längst entschieden. In seiner Keynote auf der Developer Week in Nürnberg präsentierte er den neuesten Trend in der Entwicklerbranche: „Coden als Teamsport zwischen Product Owner, Kunde und Community“.

 

Mob-Programmierung als neue Art der Zusammenarbeit

Jeff Fritz by Developer Week
Jeff Fritz, Copyright by Developer Week

Das muss man sich mal vorstellen: Da sitzen Dienstleister, Kunde und Community zusammen und diskutieren gemeinsam über den besseren Code! Alles öffentlich und für jedermann einsehbar – auch für die Konkurrenz! Kein Gerangel mehr um Patente, Ideenklau oder Wettbewerbsvorteile? Was anfänglich nicht nur umständlich sondern auch nicht ganz clever erscheint, macht aber nach der Argumentation von Jeff Fritz wirklich Sinn: Denn niemand weiß und kann alles und das Ergebnis ist am Ende tatsächlich ein besseres, wenn nach dem „Viele-Augen-Prinzip“ Software entwickelt wird. Bei diesem Ansatz kodiert ein Entwickler und mehrere andere schauen zu und bieten Vorschläge. Zudem werden immer mehr Anwendungen und Tools als Open Source veröffentlicht. Für Microsoft ist dieses Vorgehen ein klarer Pluspunkt, denn Entwickler konzentrieren sich mehr auf die Qualität ihres Codes wenn sie wissen, dass die Community ihn überprüfen wird – und niemand würde Code besser und akribischer kontrollieren als die Community! Die verschiedenen Meinungen fordern das eigene Team zum Nachdenken heraus und bringen durch die unterschiedlichen Sichtweisen tatsächlich bessere Lösungen. „Ich glaube fest, dass dieser Ansatz in unserer Branche Standard und äußerst wertvoll für ihr Wachstum werden wird“, ist sich Jeff Fritz sicher. Und er verrät: „Tatsächlich kamen einige der größten Performance-Verbesserungen in ASP.NET Core von Entwicklern außerhalb von Microsoft.“

Offenheit zur Demokratisierung von Wissen

Dabei geht es Jeff Fritz aber nicht nur um ein offenes Internet und bessere Software, er will vor allem auch den Zugang zu gutem Code und damit zu bislang oft exklusivem Wissen demokratisieren. Regelmäßig führt er daher offene Live-Stream Workshops durch und teilt sein Entwickler-Know-how mit allen Interessierten. Und das begründet er ganz pragmatisch: „Jedes Unternehmen hat eine Website, viele weitere haben ihren eigenen Blog. Dazu kommen die vielen mobilen Anwendungen und wir sehen gerade erst den Beginn der Virtual-Reality- / Mixed-Reality- / Augmented-Reality-Technologien. Auf dem Fernseher läuft Code und in Kühlschränken und im Unterhaltungssystem von Autos. Das ist eine Menge Code, die geschrieben werden muss! Die nächsten Generationen von Entwicklern, die diese Anwendungsökosysteme pflegen und ausbauen werden, sollten eine gute Grundlage haben, damit sie diese Herausforderungen gut meistern.“

Europa als Bremse?

Während sich der Open Source Gedanke also als wachsendes Phänomen in den USA zeigt, scheint in Europa eine Entwicklung zu mehr Kontrolle und Reglementierung im Gange zu sein. Gerade erst vor wenigen Tagen wurde im Europäischen Parlament der Entwurf eines neuen Urheberrechts vorgelegt, das u.a. durch sog. Upload-Filter die Offenheit des Internets stark einschränken will. Zwar hat das Parlament in Straßburg den Plänen zunächst eine Absage erteilt – vom Tisch ist das Thema damit allerdings längst nicht: Im September schon soll ein überarbeiteter Vorschlag zur Abstimmung vorgelegt werden.

Kritisch gesehen werden vor allem die sog. Upload-Filter, eine spezielle Software, mit der das Hochladen urheberrechtlich geschützter Inhalte von Nutzern auf Online-Plattformen wie z.B. YouTube oder Facebook verhindert werden soll. Die Upload-Filter könnten viele Open-Source-Projekte gefährden, warnen Aktivisten der Free Software Foundation Europe und des openForum Europa. Denn auch Code-Hosting Plattformen wie Github sind laut dem Entwurf der EU-Urheberrechtsreform dazu verpflichtet, jeden neu hochgeladenen Programmiercode auf Urheberrechtsverletzungen zu kontrollieren. Das könnte die gemeinsame Entwicklung von Software, wie Jeff Fritz sie propagiert, unmöglich machen.

Auch ein Leistungsschutzrecht, mit dem Nachrichten-Portale wie z.B. Google News für kurze Ausschnitte aus Presseartikeln zahlen sollen, wurde strittig diskutiert. Kritiker befürchten dadurch u.a. Einschränkungen für Nutzer beim Teilen von Medieninhalten im Netz. Und Kritiker gibt es ausgesprochen viele – vor allem auch aus der Entwickler-nahen Szene wie z.B. Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales oder WWW-Erfinder Tim Berners-Lee. Beide haben sich öffentlich gegen die Änderung ausgesprochen, da die geplanten Upload-Filter aus dem offenen Internet "ein Werkzeug für die automatisierte Überwachung und Kontrolle der Nutzer“ machen könnte. Aber auch netzpolitische Vereine, Autoren, Wissenschaftler und Konzerne wie Google wollen ein solches Leistungsschutzrecht und Uploadfilter verhindern.

Die Realität schlägt das Ideal

Für mich stellt sich bei all den Diskussionen die Frage, welches „Gut“ hier das wertvollere ist: Der Schutz von Urheberrechten oder z.B. der freie Zugang zu Wissen? Natürlich ist die freiheitliche und vordergründig uneigennützige Einstellung von Jeff Fritz vorbildlich und sehr sympathisch. Auch, wenn sich das Argument, dass Microsoft auf diese Weise über die Community kostenfrei an wertvolles Knowhow herankommt, auch nicht ganz von der Hand weisen lässt. Wenn über das Internet alles Wissen frei zugänglich und für jedermann teilbar wäre, würde das die Innovationskraft unserer Welt wahrscheinlich enorm steigern. Das funktioniert allerdings nur, solange sich alle an das Prinzip der Offenheit halten. Und hier sind wir in der Realität noch weit entfernt.

Weiterführende Links

Developer Week 2019


Künstliche Intelligenz

Miriam Meckel im Gespräch mit Peter Turi:
Wenn Technologie auf das Gehirn trifft

Auf dem Landau Media Talk mit Miriam Meckel am Dienstagabend im The Charles in München schafft Medienprofi und Moderator Peter Turi eine einzigartige, sehr persönliche Atmosphäre. Die Professorin und Herausgeberin der Wirtschaftswoche fesselt die einhundert geladenen Gästen aus der Medienbranche mit ihren Thesen über digitale und neuronale Netze. Ich bin um die Erkenntnis reicher, dass wir vom technologischen Fortschritt nicht nur profitieren, sondern uns dabei auch unseren Urängsten stellen müssen.

Überfordert uns die digitale Welt?

Miriam Meckel legt eine Bilderbuchkarriere hin. Die Journalistin wird Ende der 90er-Jahre mit nur 31 Jahren jüngste Professorin Deutschlands am Lehrstuhl für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster. 2001 wird sie Staatssekretärin und Regierungssprecherin von Nordrhein-Westfalen, vier Jahre später ereilt der Ruf als Professorin und Direktorin des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen. Dann 2008 der Zusammenbruch. Burnout. Sie äußert sich offen über die Abgründe, mit denen sie konfrontiert war, und ihre Learnings daraus.

Sie weiß, dass das Phänomen der Überlastung sich mehr und mehr in der Gesellschaft manifestiert. „Wir leben in einer immer schneller werdenden Welt. Das Wissen wächst exponentiell, das Tempo der Medien und Digitalisierung beschleunigt unser Leben. Wir müssen mit immer schneller aufkommenden Informationen umgehen, die erst mal verarbeitet und bewältigt werden müssen. Das führt oft zu Überforderung.“

Grund genug, sich die Frage zu stellen, was passiert dabei eigentlich mit unserem Gehirn? Welche Einflüsse hat die digitale Welt auf unsere Gedanken und wie können wir sie verbinden? Ihre Recherchen teilt sie nun in ihrem kürzlich veröffentlichten Buch „Mein Kopf gehört mir“. Dieses beginnt mit dem Zitat: „Immer schon war ich anfällig dafür, Dinge auszuprobieren, die mir nicht guttun.“ Was sie damit meint, sind mehrere Experimente, die sie mit sich selbst durchgeführt hat, um herauszufinden, was sich in ihrem Gehirn eigentlich abspielt.

Künstliche Intelligenz
KI und Brainhacking: Im 21. Jahrhundert trifft Technologie auf das Gehirn. Miriam Meckel hat ihr eigenes Hirn getestet.

Miriam Meckels Selbstversuche

Sie erläutert zwei Beispiele aus ihrem Buch. Das erste Experiment ist der Reizentzug. Dafür schließt sie sich 24 Stunden in eine Dunkelkammer im Kellergeschoss der Hochschule Zürich. Völlige Dunkelheit, Stille. Als erstes stellt sich Langeweile ein. Gefolgt von Nervosität über Fantasien bis hin zu wahnhaften Rezeptionen und Halluzinationen. Sie beschreibt das Gefühl wie ein Drogentrip ohne Drogen. „Reizentzug führt zu Irritationen des Gehirns. Ich war beeindruckt, welch kreative Kraft ausgelöst werden kann und wie die Nervenzellen anfangen zu feuern, wenn äußere Reize ausfallen.“

Das zweite Experiment: In den USA hat Miriam Meckel das Lifestyle-Produkt Thynk getestet, mit dem man das Gehirn beeinflussen kann. Dazu bringt man ein Gerät mit zwei Sensoren am Kopf an, über eine App steuert man dann Stromzufuhr aufs Gehirn. Es gibt verschiedene Programme, von Entspannung über Konzentrationsförderung bis hin zu Aktivitätsstimulation. Sie wählt „Activity“ mit erheblichen Nebenwirkungen: Übelkeit, 36 Stunden keinen Schlaf, Gesichtsverzerrungen. „Meine größte Erkenntnis aus diesem Selbstversuch war, dass das Gehirn ein sehr sensibles Organ ist. Es ist das Tor zum innersten Kern der Persönlichkeit. Damit muss man behutsamer umgehen, als man das vielleicht mit anderen Körperteilen tut.“ Sie erfährt Grenzen am eigenen Körper, die durch Gehirnmanipulation entstehen können.

Das menschliche Gehirn im Visier

Technologischer Fortschritt ist längst im Gehirn angekommen.  Was uns nicht bewusst ist: Alle digitalen Services der Internetriesen GAFA sind Produkte der Gehirnforschung. Mögen es anfangs noch Algorithmen gewesen sein, heute stehen lernende Systeme dahinter, die wie unser Gehirn funktionieren. Und sie lernen ständig durch die tägliche Nutzung von Millionen von Usern hinzu und werden besser. Künstliche Intelligenz macht es möglich. Miriam Meckels These ist, dass es in Zukunft eine Verbindung von menschlicher und künstlicher Intelligenz geben wird. Die nächste Evolutionsstufe wird sein, unser Gehirn direkt an die Technologien anzuschließen. Medizinische Forschung zeigt, dass das technologisch möglich ist. Es gibt Forschungsprojekte, bei denen Querschnittsgelähmte über Gedanken einen Roboterarm bewegen können. Für die Medizin ein Riesenfortschritt.

Kritisch wird es dann, wenn die Entwicklungen in Richtung Massenmarkt gehen. Mark Zuckerberg hat im Sommer 2017 angekündigt, ein Gerät entwickeln zu wollen, mit dem man Textnachrichten ins Handy "reindenken" kann, mit einer Geschwindigkeit von 100 Worten pro Minute. Elon Musk will mit der Firma Neuralink datenleitfähige Substanzen über das menschliche Gehirn legen. Das große Ziel: Hirn-Computer-Schnittstellen. Die Vision: Im Jahr 2050 werden Menschen vernetzt über Implantate – drahtlos - an eine intelligente Cloud angeschlossen sein. Das Horrorszenario schlechthin: Das menschliche Gehirn als nächstes Geschäftsmodell des Silicon Valley.

Neue Formation des Menschseins

Klingt alles nach Science Fiction? Dass die Kapazität unseres Gehirns begrenzt ist und Künstliche Intelligenz diese Grenze schon heute überwinden kann, zeigt kein besseres Beispiel als die Google-Software AlphaGO. Die selbstlernende KI-Software im Brettspiel „GO“ hat das menschliche Gehirn längst abgehängt. Es schlägt binnen kürzester Zeit nicht nur den Internationalen Champion Lee Sedol im Brettspiel GO, sondern wird selbst immer besser. Warum das so ist, können wir Menschen nicht mehr nachvollziehen. Es ist eine Blackbox. Wir wissen nur, dass es so ist.

Menschen sind dafür empfänglich, immer leistungsfähiger und effizienter werden zu wollen. In den USA sei es laut Meckel beispielsweise unter Studenten an den Universitäten gang und gäbe, das Medikament Ritalin einzunehmen, um das Denken und die Konzentration beim Lernen und bei Prüfungen zu verbessern. Wenn uns nun Künstliche Intelligenz dabei unterstützt, unsere Leistungsfähigkeit zu steigern, dann wird der technologische Fortschritt auch in diese Richtung weiter vorangetrieben.

Miriam Meckel ist davon überzeugt, dass es eine Verbindung von Biochemie des menschlichen Wesens und Technologie in Zukunft geben wird. Wie das Zusammenspiel von neuronalen und digitalen Netzen aussehen wird, kann heute keiner vorhersehen. Wir müssen mit der Entwicklung verantwortungsvoll umgehen. Dazu gehört in erster Linie, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich die richtigen Fragen zu stellen. Was ist mit der Privatheit der Gedanken? Was ist mit der Integrität der Persönlichkeit? Wo kann Künstliche Intelligenz uns das Leben erleichtern? Wo stellt es eine Gefahr dar? Wie ist es dann um unsere Selbstbestimmung bestellt? Wie schützen wir uns vor Manipulation und Missbrauch? Was Miriam Meckel fordert, ist Aufgeklärtheit: „Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass wir Menschen nicht auf ewig Herr unseres Oberstübchens sind. Es gibt dafür keine Bestandsgarantie. Wenn wir das Gehirn als Refugium behalten wollen, dann müssen wir uns darum kümmern.“

 

 


New Worka Staircase to Innovation

New Work - die Renaissance der Bürokultur

Nicht nur das Arbeiten an sich verändert sich im Zuge der Digitalisierung, auch das Arbeitsumfeld. Wie dies aussehen könnte, habe ich mir in München im neu eröffneten Steelcase Learning and Innovation Center mal genau angesehen – und war begeistert! Auch Coworking Spaces boomen. Dort finden vor allem kleine Unternehmen und Freelancer einen Ort der Inspiration – und ich einen triftigen Grund, einen Selbstversuch zu starten.

Zeitgemäßes Arbeitsumfeld

Laptop und Homeoffice. Für mich bedeutete dies lange Zeit das höchste Maß an Flexibilität im Arbeitsumfeld. Doch es gibt eine Wiedergeburt des Großraum- bzw. Gemeinschaftsbüros, die aber ganz anders aussieht, als wir es bisher kennen. Man stelle sich vor, man käme morgens ins Büro und hat keinen festen Arbeitsplatz. Das ist die Ausgangssituation, wenn man als Mitarbeiter in das Learning und Innovation Center von Büromöbelausstatter Steelcase in München kommt. „Die Herausforderung ist, dass man seinen ganzen Arbeitstag komplett anders strukturieren muss“, erklärt Christiane Winckler, Account Manager EMEA bei Steelcase in der Briennerstrasse. Welche to do’s stehen heute an und wie lassen sich diese am effizientesten erledigen? Welche Räumlichkeiten brauche ich dazu und welche Teams muss ich mir dafür zusammenstellen? Diese Fragen stellen sich jeden Tag neu.

Steelcase Gebäude in der Briennerstrasse 42 in München

Die Welt der Arbeit ist heute einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt: Der digitale Wandel und disruptive Innovationen erschüttern vermeintlich etablierte Geschäftsmodelle und verschärfen den Wettbewerb zusehends. Wettbewerbsfähigkeit hängt mehr denn je von Innovationskraft ab. Dieses Potenzial will Steelcase ausschöpfen, indem das Unternehmen zeitgemäße Arbeitsbedingungen schafft. „Effiziente und agile Arbeitsumgebungen tragen dazu bei, Menschen zu inspirieren, Innovation anzuregen und damit den Unternehmenserfolg zu steigern“, ist Christiane Winckler überzeugt. Wertschöpfung spiele dabei eine zentrale Rolle.

Durchdachte Raumarchitektur

Die Tour durch das fünfstöckige Gebäude bringt einen wirklich zum Staunen. Abgesehen von den hochwertigen Büromöbeln aus dem Steelcase-Sortiment, die alle per se funktional durchdacht und auf jedes einzelne Arbeitsumfeld optimiert sind, ist das gestalterische Konzept des Gebäudes wirklich beeindruckend. Es geht schon beim Empfang los, der keine klassische Theke aufweist – wie man sie aus nahezu allen Unternehmen kennt - sondern komplett offen gestaltet ist.

Empfang, Steelcase Learning und Innovation Center

An der Geschäftsführung kommt man als Mitarbeiter und als Kunde nicht vorbei, denn die ist nicht abgeschottet im fünften Stock über den Dächern Münchens eingenistet – sondern als erste Anlaufstelle gleich am Aufgang in den ersten Stock in einem offenen Raumkonzept integriert. Leadership Community nennt man das bei Steelcase. Und das Treppenhaus selbst dient als zentraler Dreh- und Angelpunkt des gesamten Gebäudes. Offen gestaltet treffen sich hier die Mitarbeiter zum konspirativen Austausch. Es gibt Zonen für kreative Zusammenarbeit und Rückzugsorte für konzentrierte Einzelarbeit, insgesamt über drei Stockwerke verteilt. Das WorkCafé und ein gemütlicher Innenhof runden das Konzept ab. Der fünfte Stock ist abgeschottet und gleichzeitig der repräsentativste Ort. Hier finden Kundenworkshops statt, denn seien wir ehrlich, „New Work“ muss sich am Ende des Tages auch auszahlen: Auf den Mehrwert, den man für die Kunden dadurch schafft.

Rückzugsort für Mitarbeiter und Kunden  - Steelcase Bibliothek

Das Beispiel Steelcase zeigt ein Umdenken, wie man den kulturellen Wandel mit Mitarbeitern und einem agilen Arbeitsumfeld vollziehen kann. „Unser Konzept ist natürlich nicht eins zu eins auf andere Unternehmen übertragbar“, weiß Christiane Winckler, die durch langjährige und internationale Berufserfahrung bei großen Konzernen schon viel gesehen hat. Aber immer mehr Unternehmen kommen auf Steelcase zu und wollen nicht mehr nur eine Büroausstattung, sondern binden neue Arbeitskonzepte in ihre Unternehmensstrategie mit ein.

Coworking schafft nachweislich Inspiration

Das Ergebnis: Es entsteht ein ganz neuer Typus an Arbeitsorten, wo Austausch und Inspiration unter den Kollegen stattfindet. Das hat auch Einfluss auf seine Gestaltung. Die Entwicklung geht immer mehr hin zu einer Umgebung, die sich flexibel darauf anpasst, was gerade im Arbeitsprozess sinnvoll ist. Den Anfang dieser Entwicklung machten die Coworking Spaces, die aktuell aller Orten wie Pilze aus dem Boden sprießen. Im Jahr 2020 soll es laut einer Prognose des Instituts Emergent Research weltweit über 77 Prozent mehr Coworking Spaces geben als es noch im Jahr 2017 der Fall war.

Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts untersucht, inwieweit Coworking die Innovationsfähigkeit von Unternehmen wirksam unterstützen kann. Im Ergebnis zeigt sich, dass es zwar keine Coworking-Universallösung gibt, die meisten der befragten Unternehmen aber große Chancen sehen, durch Corporate Coworking strategische Wettbewerbsvorteile zu verwirklichen. „Corporate Coworking ist prinzipiell in sehr unterschiedlichen organisatorischen und räumlichen Varianten vorstellbar. So können beispielsweise Arbeitsplätze in Coworking Spaces angemietet werden oder aber ein Unternehmen versucht, seinen eigenen Coworking Space zu entwickeln. Ebenfalls denkbar ist die zugegebenermaßen gewagte Vorstellung, dass Coworking projektweise an Urlaubsorten stattfindet“, erläutert Klaus-Peter Stiefel, Projektleiter Office 21 Coworking Studien beim Fraunhofer Institut.

Und weil ich an neuen Ideen und Denkweisen per se schon immer interessiert bin, erkläre mich nun selbst zur Testperson: Nach zehn Jahren Home-Office, das mir in der letzten Dekade wirklich ein optimales Arbeitsumfeld bot,- insbesondere unter dem Aspekt der Vereinbarung von Familie und Beruf - werde ich ab Sommer 2018 in den neuen Coworking Space WeWork am Oskar-von-Miller Ring in München einziehen. Flexibel und agil habe ich eigentlich schon immer gearbeitet, aber ich freue mich auf mehr Inspiration als in den eigenen vier Wänden.