Aufmacher Job 4.0

Bereit für Job 4.0?

Die Mitte September veröffentlichte Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) belegt in nackten Zahlen, was wir schon lange ahnen. Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt radikal. Bis 2025 werden mehr Aufgaben von Robotern und Algorithmen erledigt als von Menschen. Millionen Jobs werden dadurch wegfallen. Die gute Nachricht: Noch mehr neue entstehen! Auf der Karrieremesse #hercareer in München letzte Woche diskutierten Expert*innen, welche Qualifikationen und Skills für neue digitale Berufe erforderlich sind.

Product Owner, Data Scientist, Social Media Manager, E-Commerce Specialist – mit der Digitalisierung wandeln sich heutige Job-Profile und völlig neue kommen hinzu. Die WEF-Studie prognostiziert, dass in Zukunft die  Nachfrage für eine Vielzahl von völlig neuen Fachrollen entstehen wird, die eng mit neuesten technologischen Entwicklungen verknüpft sind. Dazu zählen Berufsbezeichnungen wie zum Beispiel KI- und „Machine-Learning“-Spezialisten, Big Data-Experten, User-Experience-Designer, Robotik-Ingenieure und Blockchain-Spezialisten.

Dagmar Plieske, VP Business Intelligence & Customer Insights bei Payback weiß, dass man für die digitale Arbeitswelt nicht unbedingt IT-Spezialist oder Programmier-Nerd sein muss. „Aber eine gewisse technische Affinität und ein Interesse an digitalen Themen sind absolute Voraussetzungen.“ Oft ginge es bei den Jobs vor allem darum, ein Verständnis für die Technologien zu entwickeln und den Mehrwert für „Otto-Normalverbraucher“ zu erkennen – also eine Übersetzerrolle einzunehmen. „Die Softwareentwickler sind kreative Köpfe und wollen sich austoben, wobei die Geschäftsführung zu Recht nach dem Business Case fragt. In diesem Spannungsfeld gilt es, die richtigen Projekte und Produkte zu identifizieren. Das erfordert Fingerspitzengefühl“, so Dagmar Plieske weiter.

Fabian Dill, Gründer und Geschäftsführer der Digitalen Produktmacher bestätigt, dass bei der Entwicklung digitaler Produkte das Schnittstellenmanagement extrem wichtig ist. Dafür seien vor allem emotionale Intelligenz und Kommunikationsfähigkeiten gefragt. Qualifikationen, die sich nicht unbedingt aus Zeugnissen ablesen lassen. „Bei Einstellungsgesprächen achte ich vielmehr auf das Mind-Set des Bewerbers“, erklärt der Digitalberater. Dabei stehen innere Motivation, Anpassungsfähigkeit sowie Teamgeist im Vordergrund. In seiner Beratungsagentur gibt er den Mitarbeitern viel Freiraum für Austausch und kreative Prozesse. Das setzt aber ein hohes Maß an Selbstorganisation und Eigenverantwortung voraus. Fähigkeiten, die auch laut der WEF-Studie in Zukunft immer mehr gefragt sind.

Digitalisierung erfordert lebenslanges Lernen

Auch werden für Jobs  ganz neue Fachkenntnisse nötig sein. Kernkompetenzen vieler Berufe verschieben sich immer weiter in Richtung Technologie- und Prozess-Knowhow. So werden laut der WEF-Studie 58 Prozent aller Arbeitnehmer bis 2022 erhebliche Neu- und Weiterqualifizierungen benötigen – davon seien ganze 19 Prozent auf eine zusätzliche Ausbildung beziehungsweise Umschulung angewiesen, die zwölf Monate oder länger dauert. Zwei Drittel aller Unternehmen erwarten sogar von ihren Mitarbeitern, dass sie ihre Fähigkeiten mit den sich verändernden Jobanforderungen selbst weiterentwickeln und sich auf eigene Faust weiterbilden.

„Unternehmen werden zu lernenden Organisationen – diesen Schritt müssen auch die Mitarbeiter gehen“ ist Katja Vater, Audience Development Managerin bei der Süddeutschen Zeitung Digitale Medien, überzeugt. Es werde dafür eine hohe Bereitschaft für lebenslanges Lernen verlangt.  Wichtig sei, dass dies aus einem inneren Antrieb heraus erfolge. Es sei unmöglich, Menschen weiterbilden und –entwickeln zu wollen, die sich dem Neuen verweigern.

#DMW Podiumsdiskussion auf der HerCareer am 12.10.2018 in München. V.l.n.r: Fabian Dill, Moderatorin Simone Fasse, Dagmar Plieske, Katja Vater und Maren Martschenko.

Durch Netzwerke in Position

„Heute gibt es den klassischen Karriereweg nicht mehr“, so Maren Martschenko, Vorsitzende des Netzwerks Digital Media Women #DMW. Durch die Digitalisierung sind alte Strukturen stark im Umbruch. Alte Rollenklischees und Hierarchiedenke funktionieren nicht mehr. Auch die Unternehmen selbst müssen sich verändern. Dabei werden sich in Zukunft neue Chancen speziell für Frauen auftun, ist die Markenberaterin für Solopreneure und Start-Ups  überzeugt. In ihrer Rolle als Aktivistin für die Digital Media Women beobachtet sie derzeit eine Entwicklung, die sich positiv auf die Rolle der Frauen im Arbeitsleben auswirken kann: „Die Generation der Frauen, die heute auf den Arbeitsmarkt kommt, ist fordernder und findiger. Sie organisieren sich in Netzwerken, lösen sich aus den Klischees und werden selbst zum Vorbild. Sie erkennen die Möglichkeiten, aus einem funktionierenden Netzwerk heraus Dinge zu gestalten und zu verändern.“ Gepaart mit Neugier und Leidenschaft ein Erfolgsrezept – übrigens nicht nur für Frauen.

Weiterführende Links

WEF-Report "the future of jobs" 2018 

#DMW

 

 


Li-Fi: Daten werden über Licht übertragen

Li-Fi: Das Internet des Lichts kommt

Eine schottische Schule ist gerade der Nabel der Internetwelt! Denn dort haben sich vor wenigen Tagen Schüler als erste in der Welt über Licht mit dem Internet verbunden. Auch im Handel gibt es erste Pilotprojekte, bei denen mithilfe des „Internet des Lichts“ Kundendaten gesammelt und -interaktionen gestartet werden können. Dem neuen Stern am Internethimmel Li-Fi (Light Fidelity) wird von Analysten ein kometenhafter Aufstieg prophezeit.

Jetzt gibt es also das Internet des Lichts. Was für ein poetischer Name für eine Technologie! Die Zeiten von WI-FI scheinen gezählt. Denn das inzwischen allgegenwärtige und Funk-basierte Wireless Local Area Network WLAN, das oft (nicht ganz korrekt) synonym mit Wi-Fi verwendet wird, soll durch Li-Fi, eine neuartige Technologie, die Daten über Lichtwellen übertragen kann, regelrecht überholt werden. Ende August hat die Tech-Firma pureLiFi an der Kyle Academy-Sekundarschule in Ayr, Schottland, erstmals ein LiFi-Netzwerk aktiviert, das LED-Glühbirnen verwendet, um drahtlose Internetverbindungen herzustellen. Entwickelt wurde Li-Fi in 16 Jahren Forschungsarbeit von Harald Haas, Professor für Mobile Kommunikation an der Uni Bremen und an der School of Engineering der Universität Edinburgh.

Wachstumsmarkt Li-Fi

Analysten trauen dem neuen Trend einiges zu: Market Research Future (MRFR) bewertet den globalen Markt für Li-Fi bis 2023 mit rund 51 Milliarden US Dollar. Bei einer erwarteten jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 70 Prozent wird der Markt im Prognosezeitraum (2017-2023) geradezu explodieren. Die Financial Times berichtete erst kürzlich über die jüngste Partnerschaft zwischen O2 und pureLiFi, um die Einführung von 5G in Großbritannien voranzutreiben. Auch die Beleuchtungsindustrie hat das Potenzial von Li-Fi inzwischen erkannt und setzt zum Sprung in die digitale Welt an. Ihre Produkte wie Lampen und Glühbirnen sollen zukünftig eine Schlüsselfunktion in der digitalen Kommunikation übernehmen. So hat der niederländische Konzern Philips Lightingerst vor kurzem bekannt gegeben, eine französische Investorengruppe mit Li-Fi auszustatten. Die Arbeitsplätze dort können künftig über LED-Lichtstrahlen mit Breitband versorgt werden und dabei eine 30 Mb/s schnelle Verbindung im Downstream nutzen. Die speziellen LED-Leuchten haben ein Modem integriert, das die Lichtwellen so moduliert, dass sie Breitband-Internet auf dem beleuchteten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Da das vom Licht verwendete Spektrum laut Philips 10.000 mal so groß ist wie bei herkömmlichen WLAN-Funktechnologien, hat das Netz auch keine Probleme mit einer hohen Anzahl von Clients.

Internet dockt an Licht-Infrastruktur an

Beim Internet des Lichts nutzt man quasi die vorhandene Infrastruktur von Beleuchtung für das Internet – Strom ist dort per se vorhanden und auf den Lampen selbst ist ein kleiner Sensor schnell montiert. Die Daten werden dann entweder über das vorhandene Kabelnetz oder über die Lichtwellen übertragen. Und: diese Symbiose aus Licht und Sensoren kann natürlich auch außerhalb von Räumen genutzt werden. Sensoren in Parkhaus- oder Straßenlaternen könnten melden, wo ein freier Parkplatz ist und dies an Navigationsgeräte weitergeben. In Kombination mit Bluetooth-Technologie und einer App lässt sich Licht aber auch im stationären Handel gezielt nutzen, um auf der Fläche und standortbezogen gezielte Kundenansprachen zu realisieren.

Li-Fi Pilotprojekt im Einzelhandel

Die Zumtobel Group Services (ZGS), einer der führenden Lichtspezialisten aus Österreich, hat das gerade zusammen mit dem französischen Einzelhändler E.Leclerc Langon in Frankreich getestet. In einem Pilotprojekt sollte herausgefunden werden, welchen Mehrwert Lichtkonzepte gekoppelt an das Internet der Dinge (IoT) für den Einzelhandel haben. Für das Projekt installierte ZGS Bluetooth-Beacons in den vorhandenen Leuchten des Händlers und verband sie über eine Lokalisierungsplattform. Letztere wurde mit dem E.Leclerc-Kundenbindungsprogramm verknüpft und hatte zum Ziel, das Wissen über Kunden zu erweitern, um dadurch in Zukunft noch besser auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können. Über die App sollten Push-Nachrichten zu standortgebundenen Angeboten an Kunden übermittelt werden. Zum Beispiel, um bei der Produktsuche zu helfen, fehlende Produkte anzuzeigen oder einfach nachzufragen. Sobald ein Kunde also einen bestimmten Bereich betrat, machte sein Smartphone via Push-Nachricht in Echtzeit auf Sonderangebote vor Ort aufmerksam.

Erste Ergebnisse aus dem Anfang Dezember 2017 gestarteten Test liegen bereits vor. Im Vergleich zu den Nicht-App-Nutzern konnten durchweg höhere Verkäufe umgesetzt werden. Denn die Anzeige von Produktempfehlungen und Sonderangeboten auf dem Smartphone der Kunden führte bei E.Leclerc Langon zu einer deutlichen Verkaufssteigerung von bis zu 42 Prozent. Zudem ermöglichte die App eine intensivere Kundeninteraktion, zum Beispiel bei der Produktsuche bzw. bei der Meldung fehlender Produkte. Die Filiale kann diese Interaktion mit dem Kunden nun nutzen, um Rückschlüsse auf die Performance der Filiale und das Kaufverhalten des Kunden zu ziehen. Kunden können zusätzlich Feedback über ihre Einkaufserfahrungen direkt über die App an die Filiale weitergeben.

Wo Licht ist, ist auch Schatten

Bei aller Begeisterung für die neue Technologie gibt es aber auch „Schattenseiten“ – und die muss man in diesem Falle durchaus wörtlich verstehen: So kann Licht eben nicht durch Gegenstände scheinen und wenn ein Benutzer beispielsweise mit dem Rücken zu einer Li-Fi-Lampe sitzt, kann der Sensor das Licht bzw. die Daten nicht mehr empfangen – ganz ähnlich wie bei der Fernbedienung am Fernseher. Hinzu kommt, dass künstliches Licht ja nicht immer überall erforderlich ist – zum Beispiel wenn es natürlicherweise schon ausreichend hell ist. Im wachsenden Internet der Dinge soll Li-Fi aber bald zum Alltag gehören – zumindest als sinnvolle Ergänzung zu funkbasiertem Internet.

Weiterführende Links:

Philips Lighting News über das Internet des Lichts

Pressemeldung von pureLiFi

Zumtobel Pilotprojekt mit E.Leclerc


Work-Life-Balance

Work, Life oder Balance?

Auf der Developer Week trafen sich letzte Woche in Nürnberg 1.700 Softwareentwickler. Im Maschinenraum der Digitalisierung ging es aber nicht nur um Coden, Ethical Hacking oder Trends wie Blockchain. Besonders gut besucht waren die Sessions, in denen Expert*innen über Softskills wie Persönlichkeitsbildung, Sozialkompetenz und Teamfähigkeiten referierten. Eine von ihnen ist Julia Schüller, Personalleiterin bei der Schiesser AG. Die HR-Trainerin stellt infrage, ob das Streben nach Work-Life-Balance im Zeitalter der Digitalisierung wirklich zum Ziel führt.

Berufs- und Privatleben in Einklang zu bringen, galt lange Zeit als Lebenselexier. Seit das Modewort  „Work-Life-Balance“ Mitte der 90er-Jahre die HR-Abteilungen umtrieb, ist im Arbeitsumfeld viel passiert: Flexibilisierung der Arbeitszeiten, Telearbeit, Kinderkrippe am Arbeitsplatz oder Home-Office, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. „Das Wort Work-Life-Balance hält einen Wertekonflikt für uns bereit und zwar zu Lasten der Wertigkeit von Arbeiten“, ist Julia Schüller überzeugt. Allein die Begrifflichkeit gehe davon aus, dass die Beruf- und Arbeitswelt etwas anderes sei und abseits vom Leben stattfinde. Im Zeitalter der Digitalisierung und agilen Arbeitsumfeldern sei das nicht mehr zeitgemäß, ja sogar irreführend, so Schüllers These.

Für den Job brennen, ohne auszubrennen

„I love my job!“ Die Leidenschaft, die mit dem Job verbunden ist, positive Erlebnisse, Herausforderungen, Aufgaben, an denen man wächst. Erfolgserlebnisse, die man teilt. Kollegen, die auf der gleichen Wellenlänge sind. Alle diese Dinge prägen unsere Persönlichkeit. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Umgekehrt können auch negative Einflüsse aus der Arbeit am Wohlbefinden nagen. Ein Blick in die Statistiken (Quelle: Forsa) zeigt, dass in Deutschland die Arbeit zu einem der größten Stressfaktoren (46 Prozent) zählt. Auch die ständige Erreichbarkeit macht den Deutschen zu schaffen (26 Prozent). Einige können abends oder am Wochenende nicht richtig abschalten (19 Prozent). Meist lassen die Folgen nicht lange auf sich warten. Konflikte im privaten Umfeld sind vorprogrammiert oder der Körper meldet Symptome. Noch nie war die Burn-Out Rate so hoch wie heute.

Balance der Generationen

Work-Life-Balance
Julia Schüller zeigt auf der DWX 2018 die moderne Form der Maslowschen Bedürfnispyramide

Die Digitalisierung hat die Art, wie wir Arbeit definieren und gestalten komplett verändert. Vertrauensarbeitszeit, ergebnisorientiertes Arbeiten, mehr Selbstverantwortung. Was sich im ersten Moment positiv anhört, hat seine Tücken. Muss man wirklich ständig erreichbar sein? Auch am Wochenende auf E-Mails reagieren? Im Urlaub noch schnell das Projekt abschließen? Die Übergänge sind fließend. Nicht jeder kommt damit zurecht.

Die Situation wird dadurch noch verschärft, dass sich derzeit fünf Generationen auf dem Arbeitsmarkt tummeln. Während die Generation der Babyboomer das Rad der Zeit gerne mal zurückdrehen würde, ist bei der Generation Z der Einzug der Technologien gar nicht mehr wegzudenken, sie kennen nichts anders als 24/7 online zu sein. „Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Generationen bringt automatisch eine Kluft in die Arbeitswelt, die es zusammenzubringen gilt“, erklärt Schüller.

Impulse für fokussiertes Arbeiten

Sie kennt all diese Konflikte aus ihrem Job als Personalleiterin und Coach. Sie versucht, ihren Mitarbeitern Impulse zu geben, wie sie es aus eigener Kraft schaffen, den Balanceakt zu meistern. Ein wichtiges Hilfsmittel ist die alt bewährte to-do-Liste. „Allein die 5-Minuten Auszeit, um sich zu sammeln, gibt eine Struktur“, weiß die HR-Trainerin. Es gibt nichts Schöneres, als ein to do abzuhaken - man sieht und spürt, was man geschafft hat. Weiterer Vorteil der to-do Liste: Prioritäten sind einfacher zu erkennen und man tut sich leichter, einfach mal den Rotstift anzusetzen. Es soll auch schon vorgekommen sein, dass sich manche Dinge einfach von selbst erledigt haben.

Julia Schüller
Julia Schüller, Bereichspersonalleiterin beim Textilunternehmen Schiesser AG

Apropos Prioritäten: Schüller rät, sich jeden Tag neu zu fokussieren. Die 4x4 Methode nennt sie das und erklärt: „Setze den Fokus auf vier Themen pro Tag und lege deine volle Aufmerksamkeit auf diese Themen, ohne sich davon ablenken oder gar abbringen zu lassen.“ Die Anzahl Vier sei dabei eine empirische Größe. Das hört sich zunächst einfacher an als es tatsächlich ist. Wer hat nicht schon mal in einem Gespräch mit dem Kollegen parallel noch schnell eine E-Mail verschickt. „Am besten, man schließt mit sich selbst einen Vertrag, das auch so umzusetzen“, fügt sie schmunzelnd hinzu.

Auch das berühmte Pareto-Prinzip kann helfen. Es besagt, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht werden. „Das Prinzip kann man auch nach unten weiterdenken. Was ist, wenn ich meinen Input auf vier Prozent herunterfahre, dann erreiche ich immer noch 64 Prozent Ergebnis“, erklärt Schüller. Eine gute Gedankenstütze, wenn man sich dem Druck ausgesetzt fühlt, immer 100 Prozent geben zu müssen.

Am Ende des Tages muss jeder für sich selbst herausfinden, was ihn stresst oder nicht guttut. Den idealen Weg, innere Ausgeglichenheit und Harmonie in einer immer technologisierten Welt zu finden, gibt es nicht. Fest steht: Zeit ist das kostbarste Gut, das wir haben. Es geht darum, sie zu gestalten, egal wo wir sind oder was wir gerade tun. „Carpe diem“, das hat schon der römische Dichter Horaz vor über 2000 Jahren gewusst. Das nennt man zeitgemäß.

 

 

 


Blockchain Bildmotiv

Blockchain-Investments: Ans Risiko gekettet?

Wird der Blockchain Hype die Businesswelt grundlegend verändern? Werden sich ganze Branchen umstrukturieren – vergleichbar mit dem Wandel durch den aufkommenden E-Commerce Anfang der 2000er-Jahre? Die Euphorie in Sachen Blockchain erinnert an Goldgräberzeiten. Skeptiker jedoch ziehen schon jetzt Parallelen zur ersten Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte, der Tulpenmanie zu Beginn des  17. Jahrhunderts in Holland. Die Kernfrage bleibt: Wo liegt der Business Case der Krypto-Assets?

Statistiken (Quelle: statista.com) belegen: Die Venture Capital-Investments in Blockchain-Technologien sind in den letzten Jahren weltweit deutlich gestiegen. Im Jahr 2017 belief sich das Investitionsvolumen auf  rund 645,9 Millionen US-Dollar. Neben den klassischen Venture Capital Fonds gibt es auch große Retail-Investoren, die ihr Kapital in die Wertentwicklung von Blockchain schießen. Aber auch Großkonzerne wie BMW, Siemens, IBM, Facebook oder Microsoft arbeiten an Blockchain-Technologien und investieren in diesen Bereich. 2,1 Milliarden Dollar werden laut Handelsblatt-Angaben die Unternehmen 2018 weltweit für Blockchain-Lösungen ausgeben. So unterschiedlich die Zielsetzungen und Interessen der einzelnen Marktteilnehmer sind, sie gehen alle mit einem enormen Risiko und hohem Wagniskapital rein.

Einer von ihnen ist Laurenz Apiarius, Blockchain-Enthusiast und Gründer von Blockwall, dem ersten deutschen BaFin-registrierten Fonds, der professionellen Investoren Zugang in die Entwicklung von Blockchain-Technologien ermöglicht. Mit Blockwall hat er einen geschlossenen Fonds aufgelegt, der eine Laufzeit von sechs Jahren hat – um Anleger vor dem spekulativ getriebenen Auf und Ab zu schützen, sie dennoch an der neuen Geldanlage der Krypto-Assets teilhaben zu lassen. In Blockchain sieht Apiarius eine neue Evolutionsstufe des Internets, aber keine Revolution. Die bisherige Struktur des Internets werde nach wie vor Bestand haben. Innerhalb dieses Systems könne die Blockchain-Technologie z.B. Unternehmen dabei unterstützen, ihre Prozesse effizienter und wirtschaftlicher zu machen.

Blockchain bringt Paradigmenwechsel

Generell reduziert die Blockchain-Technologie die Komplexität von wirtschaftlichen Abläufen, besitzt somit auch das Potenzial in vielen verschiedenen Branchen eingesetzt zu werden und diese grundlegend zu verändern. Branchenexperten sehen die Technologie vor allem als Game Changer für die Finanzbranche und die traditionellen Kapitalmärkte. Beispiel: Allein mit den Initial Coin Offerings (ICOs), dem neuen Finanzierungsmechanismus auf der Grundlage von Kryptowährungen, sammeln Start-Ups im Minutentakt einfach und unbürokratisch Millionen ein und tauschen diese gegen Token, der digitalen Währung. Aber auch der Energiewirtschaft wird großes Einsatzpotenzial zugeschrieben. Ein Anwendungsfall: Blockchain-Technologie hilft kleinen, privaten Erzeugern  mit einem Solarstrommodul auf dem Dach ihres Eigenheims, ihren Strom zu vermarkten. Große Konzerne wie Shell oder BP unterstützen den Wandel und entwickeln Handelsplattformen, die auf Blockchain-Anwendungen basieren. Sollte sich das Modell durchsetzen, werden klassische Energieversorger obsolet.

Investition in Blockchain-Infrastruktur

Mit Blockwall will Apiarius den Fokus der Investments aber verstärkt auf die technologische Entwicklung von Blockchain und deren Potenzial als auf einzelne Unternehmen oder Branchen legen.  Aufgrund des jungen Entwicklungsstadiums der Technologie investiert der Pionier  ausschließlich in Krypto-Assets im Bereich der Infrastruktur, sogenannte Layer-1- bzw. Basis-Protokolle. „Eine Investition in die Infrastruktur macht aus unserer Sicht mehr Sinn als Beteiligungen an den Unternehmen, die die Anwendungen entwickeln“, erläutert der Private Equity Experte.  Blockwall Capital setzt hier u.a. auf drei Bereiche: Zum einen auf die sogenannten „Smart Contracts“, im Prinzip digitale Verträge, die automatisiert ausgeführt und erfüllt werden. Als zweites haben die Experten Maschine-zu-Maschine-Kommunikation als vielversprechendes Anwendungsszenario identifiziert. Und als drittes  die sogenannte Interoperability – d.h. Anwendungen, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Blockchain- Systemen ermöglicht.

Blockchain Pionier
Deutschlands Pionier für Krypto-Assets: Laurenz Apiarius

Die Kunst der Perspektive

Apiarius weiß, dass beim Umbau der technologischen Infrastruktur und der Auswahl des passenden Geschäftsmodells  viele Fragezeichen im Raum stehen.  „Die Auswahl der Projekte ist entscheidend. Es geht darum, die Faktoren eines Ökosystems herauszufiltern, bei deren Anwendung der Einsatz eine dezentrale Technologie Sinn macht und die Perspektive bietet, eine große Dimension zu erreichen. Auf dieser Basis treffen wir unsere Investitionsentscheidungen.“

Blockwall entwickelt dafür Szenarien  und prüft seine Variablen auf Plausibilität. Wie wahrscheinlich ist es, dass der Fall X eintreten wird? „Da Gute ist, dass wir als Fondsmanager flexibel am Markt agieren können und jederzeit Werte anpassen können, sollten sich Variablen, mit denen wir kalkuliert haben, in der Realität nicht eintreten“, erläutert Apiarius. Es werde sicher noch drei bis vier Jahre dauern, bis sich durch Blockchain-Technologie signifikante Verschiebungen und Veränderungen im Markt erkennen lassen und sich konkrete Use Cases für den Massenmarkt entwickeln werden. Alles andere wäre Spekulation. Aber aus der Testphase sei Blockchain definitiv raus. „Bei solchen Frühphaseninvestitionen ist eine rationale Vorgehensweise immens wichtig. Kaum jemand versucht, den Business Case hinter einem Token zu analysieren und zu bewerten. Für uns ist ein Investment ohne eine fundamentale Analyse ausgeschlossen“, zieht Apiarius Bilanz.

Im Juli wird Apiarius einen zweiten, geschlossenen Krypto-Fonds auflegen. Das Closing von Blockwall Capital II ist für Ende 2018 geplant.

 


Saturn Express Innsbruck

Kassenloses Bezahlen: Wirklich ein Vorteil für die Kunden?

Erst vor wenigen Tagen verkündete Walmart völlig überraschend, sein kassenloses Testprogramm “Scan&Go” einzustellen. Dabei hatte der Discount-Riese erst Anfang des Jahres bekannt gegeben, kassenloses Bezahlen auf 100 Filialen in 33 Staaten der USA ausweiten zu wollen. Der Grund: Es sei zu umständlich für den Kunden. Auch MediaMarktSaturn experimentiert seit März mit dem kassenlosen Kaufprozess in einer Filiale in Innsbruck – mit ungewissem Ausgang. Was sind die Learnings aus beiden Fällen?

Neue POS-Modelle händeringend gesucht

Anfang März avancierte Innsbruck, genauer gesagt ein Shop von MediaMarktSaturn in einem Einkaufszentrum in Innsbruck, zum Star der europäischen Handelsszene: Denn ausgerechnet dort eröffnete der Elektroriese einen Saturn Express Shop, den ersten kassenlosen Store in Europa. Das Medienecho war riesig! Nicht nur europäische Pressevertreter berichteten darüber, sogar die malaysische Tageszeitung „The Star“ informierte ihre Leser über die Neueröffnung. Der Informationsbedarf über innovative Technologien wie kassenloses Bezahlen für den Handel scheint enorm, ebenso die Verunsicherung darüber, wie der POS der Zukunft denn aussehen soll.

Saturn Express App
Über die Saturn Express App scannt der Kunde den Preis des Produkts und bezahlt per PayPal oder Kreditkarte. Quelle: MediaMarktSaturn Österreich

Saturn Express in Innsbruck: schnell testen, schnell lernen

Florian Gietl, CEO MediaMarktSaturn Österreich brachte es bei der Eröffnung in Innsbruck auf den Punkt: „Wir werden in den nächsten Wochen sehen, wie der Shop sich entwickelt. Wir wissen es ja selbst nicht genau und deswegen probieren wir es aus.“ Nur vier Monate habe es von der Idee bis zur Umsetzung des Pop-up Stores in Innsbruck gebraucht – bemerkenswert für einen Branchenriesen, den manche gerne mit einem Tanker vergleichen. Auch Martin Wild, Innovationschef der Unternehmensgruppe, kritisierte bei mehreren Anlässen immer wieder, dass der deutsche Handel einfach zu wenig risikobereit sei. Neue Ideen müssten über zig Abteilungen hinweg bis in kleinste Detail besprochen werden bis der Markt neue Erkenntnisse liefert und man wieder von vorne beginnen müsse. Und mal ehrlich: Wenn man etwas nicht machen will, scheint es immer viel mehr Gründe zu geben, die gegen etwas sprechen, als Gründe, es zu tun.

Das Dilemma: Innovationen sind riskant

Doch was ist, wenn sich die Innovation – schließlich als Verbesserung gedacht – dann als Irrtum erweist und die Kunden sie nicht annehmen? Sie sogar testen und dann für unbrauchbar erachten, wie im Falle Walmart? Dann hat man viel Geld investiert, möglicherweise Kunden verärgert und sich zudem noch das eigene Image als Innovationstreiber befleckt. Der zurückhaltende Umgang mit neuen Ideen am POS ist also durchaus verständlich. Dennoch gibt es keine Alternative. Denn „Late Mover im Handel zu sein, ist schwer zu überleben“, ist Martin Wild überzeugt.

Bei Walmart war der entscheidende Faktor für das Aus des kassenlosen Bezahlens, dass zu viele Kunden den Kaufprozess im Laden zu umständlich fanden. Vor allem, wenn es darum ging, Waren wie frisches Obst und Gemüse zu verpacken, zu wiegen und dann zu scannen. Viele Kunden fühlten sich überfordert oder sahen einfach keinen Nutzen für sich. Der propagierte Zeitvorteil blieb demnach aus. Durchaus denkbar, wenn man sich vorstellt, dass die „alte“ Schlange vor der Kasse bei “Scan&Go” nun wahrscheinlich einfach durch die „neue“ Schlange an der Gemüsewaage ersetzt wurde.

Saturn Express setzt auf „To-go-Sortimente“

Einfach die Kasse im Laden abbauen und schon winkt die rosige Zukunft funktioniert also nicht. Das wäre wohl auch viel zu einfach. MediaMarktSaturn geht hier einen etwas differenzierteren Weg: Anstatt kassenloses Bezahlen über alle Sortimente hinweg anzubieten, hat der Pop-up-Store in Innsbruck ganz bewusst nur ein sehr kleines und ausgewähltes Sortiment in den Regalen – bietet darüber hinaus als verlängerte Ladentheke aber auch einen Webshop-Zugang über einen großen Touchscreen. Erhältlich sind wenig beratungsintensive Zubehörprodukte wie Ladekabel, Handyhüllen oder Lautsprecherboxen. Zudem will der typische Saturn Express Kunde wahrscheinlich nicht mit einem Einkaufswagen voll Produkte auschecken. Diese Tatsache scheint dem Elektroladen in die Hände zu spielen, denn mengenmäßig große Warenkörbe selbst auszuchecken, dürfte tatsächlich nicht besonders praktisch sein.

Selbsttest: Ich könnte auf eine Kasse verzichten

Und da Innsbruck in Sachen Einkaufen ja sonst nicht unbedingt zu den zukunftsweisendsten Pflastern dieser Welt zählt und ich zufällig dort wohne, habe ich einen Selbsttest in Sachen kassenloses Bezahlen gemacht. Von außen extrem unauffällig, bin ich tatsächlich sogar erst einmal am Saturn Express Shop vorbei gelaufen, bis ich ihn im Einkaufscenter Sillpark in Innsbruck endlich entdeckt hatte. Und auf den ersten Blick fällt auch gar nicht auf, dass die Kasse fehlt. Zwei freundliche Verkäufer erklären mir die Vorgehensweise und ich installiere direkt im Laden die Saturn Express App auf mein Smartphone. Ich öffne sie und scanne damit den am Produkt angebrachten Barcode ein. Ich wähle aus, ob ich per PayPal oder Kreditkarte zahlen möchte, bestätige den Kauf und kann wieder gehen. Die Rechnung bekomme ich prompt per Mail zugeschickt. Alles zusammen dauert keine zwei Minuten. Ohne den Download der App sogar nur Sekunden. Alles supereinfach und bequem – auch wenn ich nicht verhindern kann, mich beim Passieren der Alarmanlage beim Hinausgehen ein bisschen unwohl zu fühlen.

Das Learning: Es kommt darauf an...

„Die Digitalisierung eröffnet den Menschen neue Möglichkeiten und verändert damit ihr Einkaufsverhalten“, erläuterte Florian Gietl der Tiroler Tageszeitung die aktuelle Situation im Handel. „Konsumenten schätzen das rasche und einfache Onlineshopping genauso wie die persönliche Beratung im Geschäft. Saturn Express will hier die Brücke schlagen!“ Und genau darin liegt vielleicht das Learning aus Saturn Express und Walmart “Scan&Go”: Unser Kaufverhalten ist inzwischen so differenziert und wir als Käufer so auf Prozessoptimierung fixiert, dass eine Universallösung für den Check-out im Geschäft nicht mehr möglich sein kann.  Es wird in Zukunft wahrscheinlich mehr um das gezielte „sowohl als auch“ als um das gieskannenmäßige „entweder oder“ gehen.

Und selbst wenn man sich vorstellt, dass der kassenlose Laden sortiment- und prozessoptimiert bald zur Gewohnheit werden sollte: Wie viele Apps will der Konsument auf sein Handy laden? Und was ist mit Shops, in denen er nicht ständig einkaufen geht? Vieles ist noch unklar, doch das Pilotprojekt „kassenloser Pop-up Store Saturn Express in Innsbruck“ wird in diesen Tagen auslaufen, weitere Standorte seien zunächst nicht geplant. Wie ich schon sagte – der Ausgang ist ungewiss.

 

 

 

 


Generation Z

Yeay – alle Macht der Generation Z

Als Mutter von drei Teenagern weiß ich, dass die Generation Z eine ganz andere Art an Selbstbewusstsein an den Tag legt, als wir das in jungen Jahren je getan haben. Sie fordern Respekt und Gleichbehandlung, die mir einerseits als Elternteil manchmal zu viel des Guten wird und die ich andererseits insgeheim bewundere. Melanie Mohr, Gründerin von Yeay, zeigte auf dem E-Channels Day Anfang Mai in München eine weitere Dimension der Generation Z auf: Eine Geschäftstüchtigkeit, die mich persönlich nachdenklich stimmt.

Marketing-Welt aus Sicht der Teenager

Charles Bahr, 16 Jahre alt, Schüler und vermutlich Deutschlands jüngster Agenturchef, verwirklichte seine Geschäftsidee: Er erzählt Unternehmen, auf welchen Plattformen er und seine Freunde unterwegs sind, wie sie diese nutzen, was sie gut finden, was schlecht. Und rennt damit offene Türen ein. In seiner Influencer-Marketing-Agentur beschäftigt der Shootingstar der Werbewelt mittlerweile 15 Gleichaltrige. Er ist Speaker auf internationalen Marketing-Konferenzen, große DAX-Unternehmen holen den Jungunternehmer als Berater für Produktstrategien an Bord.

Der Erfolg von Charles ist die Folge der Veränderung durch den Medienkonsum und der Beweis dafür, dass die alte Marketing-Welt nicht mehr funktioniert. Die Generation Z, also alle ab Mitte der 90er-Jahre geborenen Kinder und Jugendlichen, werden sicher keine Produkte konsumieren, bloß weil Markenhersteller sie ihnen als cool und hipp verkaufen wollen. Keiner weiß das besser als Melanie Mohr, Gründerin und CEO der Teenager-Plattform Yeay. Auch sie holte Rat von Charles, er ist Mitglied eines zehnköpfigen Advisory Boards aus Teenagern, das weltweit für das Start-Up Yeay beratend tätig ist.

Testing mit Generation Z

Yeay ist eine der ersten europäischen Plattformen, die ihr Augenmerk auf die Generation Z legt, weg von den Millenials. Die Shopping-App basiert auf einem Affiliate-Modell und verbindet drei entscheidende Funktionen für junge Leute – Branding, Broadcasting und Shopping. Yeay ist die erste globale Marktplatz-App, die Videos zum Verkauf von Produkten verwendet. Mit mittlerweile über 700.000 App-Installationen und über 30 Mitarbeitern gehört Yeay zu den am schnellsten wachsenden Start-ups in Berlin.

„Die Art und Weise wie wir heute mit Technologie umgehen hat uns verändert. Kein anderer führt uns das so deutlich vor Augen wie die Generation Z, die heutigen Teenager“, so Mohr, selbst Mutter von drei Kindern, zwei davon im Teenager-Alter. Sie rät jedem Unternehmen, sich Teenager ins Haus zu holen und von der „Generation Snapchat“ Produkte und Services testen zu lassen. Auch jenen Unternehmen, die Teenager noch nicht zu ihrer relevanten Zielgruppe zählen. „Die Jugendlichen haben eine ganz andere Herangehensweise“, sagt Mohr. „Ihre User Experience, ihre Art und Denkweise unterscheidet sich komplett von den Erwachsenen. Man sollte ihnen zuhören, allein schon deshalb, weil sie die Kunden der Zukunft sind.“

Generation Goldfisch mit Sinn fürs Business

Die Dominanz von Mobile und Video bei dieser Generation ist eklatant. 79 Prozent der acht- bis 20-Jährigen entscheiden laut einer Untersuchung der Native-Advertising Experten Sharethrough binnen drei Sekunden, ob ein Video für sie interessant ist. Die Studienergebnisse belegen eine massive Abkehr von älteren Generationen. Eine Kluft in den Medienkonsumgewohnheiten, die wahrscheinlich mit der Zeit größer werden wird.

Mobile und Video
Die Dominanz von Mobile und Video bei der Generation Z ist eklatant.

Vor allem aber unterscheidet ihr Geschäftssinn die neue Generation von den Millenials: In einer Umfrage von Millenial Branding geben 72 Prozent der Teenager an, ihr eigenes Unternehmen gründen zu wollen. „Es gibt einen extremen Wertewandel“ so Mohr. „Die Jugendlichen wollen mitwirken, unternehmerisch gestalten und suchen Vertrauenswürdigkeit. Und sie wollen ihre Leistungen mit Aufmerksamkeit und Wertschätzung entlohnt wissen.“

Blockchain schafft eigenes Wertesystem

Was bedeutet aber nun Wertschätzung, wenn Jugendliche auf einer Plattform wie Yeay ihre Lieblingsmarke in einem selbstgedrehten Video inszenieren und in ihrer virtuellen Welt teilen? Melanie Mohr ist eine Verfechterin, die „Content Creators“ am Erfolg teilhaben zu lassen und die Teenager dafür zu honorieren. Derzeit belohnt Yeay das Engagement der Teenies für ihre Lieblingsmarken und –produkte mit einem Punktesystem – einer Art Loyaltyprogramm.

Vor fünf Monaten dann die große Erkenntnis, dass den Teenies das Punktesystem als Entlohnung für ihre kreativen Produktempfehlungen nicht mehr ausreicht. „We don’t want points, we want coins“, erfuhr Melanie Mohr im Gespräch mit ihren Nutzern. Sie will den Anforderungen ihrer Zielgruppe gerecht werden und treibt das Modell nun in die nächste Entwicklungsstufe. Blockchain-Technologie kommt ins Spiel. Die neue Infrastruktur des Internets, die auf Dezentralität basiert, und somit Verschiebungen von Werten – egal welcher Art – nachvollziehbar macht.

Blockchain-Apllikation für Generation Z
Yeay-Gründerin Melanie Mohr kündigt auf dem ECD 2018 den "Word-of-Mouth-Token" auf Basis der Blockchain-Technologie an.

Das Yeay-Entwickler-Team arbeitet derzeit mit Hochdruck an einem „Word-of-Mouth-Token“ auf Basis der Blockchain-Technologie als Gegenwert für Mundpropaganda und Produktempfehlungen. Markteinführung ist in drei bis vier Monaten geplant. Melanie Mohr hat damit große Pläne und adressiert auf dem ECD das Fachpublikum mit über 500 E-Commerce Experten: „Mit dem Word-of-Mouth-Token implementieren wir ein neues Wertesystem. Ihr alle werdet auf diesem Blockchain-Modell aufsetzen können, um die Generation Z zu erreichen und für die Zukunft ein optimales Shoppingumfeld zu gestalten.“ Der Vorstoß von Yeay gibt eine Idee, wie eine Applikation der Blockchain-Technologie im Retail aussehen könnte.

Verloren in der virtuellen Welt?

Ob man es ethisch für gut befindet, eine Kommerzialisierungsapplikation ausgerechnet für Teenager zu entwickeln, sei dahin gestellt. Die Kids sind in die digitale Welt hineingeboren, Technologie ist für sie eine Selbstverständlichkeit, die sie nutzen. Social Media gehört heute zum Prozess des Erwachsenwerdens dazu, zur Selbstfindung, zu wissen, wer man ist – was auch gut ist. Die Gefahr jedoch, dass ein Be- und Entlohnungssystem für Marketingzwecke eine noch größere Sogwirkung mit sich bringt, und die Teenies ausschließlich in ihrer virtuellen Welt abtauchen lässt, besteht durchaus. Für eine starke Persönlichkeit wie Charles, der weiß was er will, stellt dies sicher kein Problem dar. Aber es gibt da draußen auch labile Persönlichkeiten unter den Jugendlichen, die sich nach Aufmerksamkeit und Anerkennung sehnen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Teenager den Blick für die reale Welt verlieren, die ja doch existent ist – noch.


Digitalsierung und Müllvermeidung

Digitalisierung für die Tonne - Müllvermeidung im Handel

 

Wie moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) oder hochautomatisierte und datenbasierte Businessmodelle helfen können, Müll im Handel und beim Konsumenten zu vermeiden.

Overstocks im Fashionbereich, abgelaufene Ware im Lebensmittelhandel: Überproduktionen im Handel sind nicht nur wirtschaftlich katastrophal, sie sind auch für die Umwelt höchst belastend. Schließlich werden zu ihrer Herstellung Rohstoffe verarbeitet, Energie verbraucht und nicht zuletzt sogar Tiere getötet. Statistische Berechnungen im Lebensmittelhandel zeigen, dass jährlich alleine 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche bewirtschaftet wird, nur um die darauf angebauten Produkte anschließend wieder wegzuwerfen. Moderne Technologien können nicht nur helfen, unverkäufliche Ware von vorneherein zu vermeiden, sondern auch dafür sorgen, dass – wie im Falle von Textilien - gebrauchte Ware wieder einer sinnvollen Nutzung zugeführt wird.

Bessere Sortimentsplanung verbessert den Lebensmittelhandel

In der Europäischen Union werden jedes Jahr pro Person durchschnittlich 179 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen. Insgesamt bedeutet das ca. 89 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr. Es ist aber nicht nur der Endverbraucher, der die Nahrungsmittel wegwirft, denn laut WWF-Studie zur Lebensmittelverschwendung in Deutschland entstehen über 60 Prozent der Verluste entlang der Wertschöpfungskette – vom Produzenten bis hin zum Großverbraucher“. „Im Lebensmittelhandel ist jedes Lebensmittel, das z.B. aufgrund eines abgelaufenen Mindesthaltbarkeits- oder Verbrauchsdatums nicht verkauft werden kann, ein Ärgernis“, erklärt Dirk Vater, Leiter der Alpenmetzgerei Völs, einem Produktionsbetrieb der österreichischen Supermarktkette MPreis. Denn Fleisch beispielsweise, dessen Verbrauchsdatum abgelaufen ist, darf nicht weiterverwendet werden und landet daher zu 100 Prozent im Müll und verursacht bei der Entsorgung sogar noch Kosten. Aber auch verpackte Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum zwar überschritten ist, dessen Verzehr aber unbedenklich wäre, werden von den Konsumenten nicht mehr angenommen und landen daher oft im Müll.

„Das Problem ist die Vorhersage der Abverkaufsmengen“, erklärt Dirk Vater. „In der Praxis wird diese Zahl meist aus einer Mischung aus Analysewerten aus dem Vorjahr, erfahrungsbasierten Vorhersagen und saisonalen Besonderheiten wie z.B. der Wetter oder Feiertagen ermittelt – und zwar für jedes einzelne Produkt.“ Allein die schiere Menge an Daten macht klar, dass dieser Anwendungsfall für die Nutzung von Technologien wie künstlicher Intelligenz geradezu prädestiniert ist: Unternehmensinterne Analysedaten liefern standortbezogen die wahrscheinlichen Verkaufsmengen und reichern diese anschießend mit externen Daten wie z.B. dem Wetterbericht (Ist Grillwetter?) und weiteren verkaufsrelevanten Informationen wie z.B. besonderen Events, Ferienbeginn oder Feiertagen an. Technisch ist es heute auch kein Problem mehr, neue Produkte, bei denen keine Erfahrungsdaten aus der Vergangenheit zur Verfügung stehen, in Vorhersagen zu integrieren. Das Ergebnis sind präzise Entscheidungshilfen auf Tagesbasis, die hoch individualisiert aus einer Unmenge an Daten und Wissen verlässliche Vorhersagen ermöglichen.

 

„Der Handel ist wie kaum eine andere Branche prädestiniert für die Nutzung von künstlicher Intelligenz – dank seiner Nähe zum Konsumenten und dank der Datenschätze, über die er schon heute verfügt.“ (Peter Breuer, McKinsey)

 

Mode: Nachhaltigkeit passt oft nicht zum Businessmodell

Auch im Modesektor helfen datenbasierte und hoch digitalisierte Unternehmen und Businessmodelle, das Müllaufkommen bei Textilien zu reduzieren. Zwar weiß niemand so genau, wie viel Neuware nicht verkauft werden kann (offizielle Zahlen werden nicht erhoben), doch Insider sagen, dass immerhin etwa 20 bis 30 Prozent aller produzierten Bekleidung sich auf dem ersten Vertriebsweg nicht verkaufen lassen. Bei rund 62 Millionen Tonnen Kleidung, die jährlich weltweit gekauft wird, ist das schon eine Menge! Kaufhäuser wie H&M oder Zara haben das Problem noch weiter verschärft, denn dort wechseln Kollektionen alle ein bis zwei Wochen und müssen dann – bei schlechtem Verkauf – in andere Verkaufskanäle geschoben oder dem Recycling zugeführt werden. Bestenfalls, denn gerade erst im Oktober enthüllte das dänische Fernsehen, dass H&M und die Bestseller Gruppe tonnenweise Restposten verbrennen – seit Jahren. Und dass, obwohl sich das Unternehmen Nachhaltigkeit auf die Fahnen schreibt und deshalb Altkleider von seinen Kunden einsammelt um sie zu recyceln.

Gebrauchtwarenhandel für Fortgeschrittene

Für Konsumenten war es nie leichter als heute, Altkleider wieder zu verkaufen und damit der sinnvollsten aller Verwertungsmöglichkeiten zuzuführen. Denn auch das ist ein Verdienst unserer hoch technisierten Welt: Plattformen wie ebay Kleinanzeigen, willhaben.at oder z.B. Facebook Marketplace bieten einen attraktiven Verkaufskanal für ausgediente Kleidungsstücke und sind heute mehr gefragt denn je. Wer es gerne ganz komfortabel mag, schickt seine Textilien gleich zu einem Unternehmen wie Momox, das sich auf den An- und Wiederverkauf von gebrauchten Büchern, CDs, Spielen und seit 2014 auch auf Mode spezialisiert hat – und damit übrigens sehr erfolgreich ist. Im Geschäftsjahr 2016 erwirtschaftete Momox einen Gewinn von 6,8 Millionen Euro mit einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr von knapp 55 Prozent. Der Umsatz stieg im gleichen Zeitraum um rund 30 Prozent von knapp 120 auf 150 Millionen Euro.

Rund 400 Kleider-Pakete von Konsumenten treffen heute täglich im Momox-Lager ein, müssen beurteilt, fotografiert und für die eigene Verkaufs-Website ubup aufbereitet werden. Der Aufwand ist riesig. Damit er sich dennoch rechnet, hat das Unternehmen seine Prozesse bis ins letzte automatisiert und perfektioniert. Behilflich dabei sind nicht zuletzt speziell entwickelte dynamische Preisalgorithmen, die für jedes ankommende Kleidungsstück tagesaktuell den optimalen Marktpreis errechnen. „Rund 50 Prozent der angekauften Kleidungsstücke werden innerhalb von vier Wochen nach Ankauf weiterverkauft“, erklärte Heiner Kroke, Geschäftsführer von Momox, erst im Januar in einem Interview mit Fashionunited.de. Nur etwa drei Prozent der Artikel könne laut Kroke gar nicht verkauft werden.

Um uns zu helfen, dem immer größer werdenden Müllproblem auf der Erde Herr zu werden, können moderne, datengesteuerte Technologien und Geschäftsideen, die auf die Vermeidung von Müll zielen, eine Schlüsselrolle einnehmen. Denn – da sind sich alle einig - der Müll, der gar nicht erst entsteht, ist immer noch der beste.

 

Weiterführende Links:

WWF-Studie 

Foodwaste Report

Interview auf fashionunited

 


Künstliche Intelligenz

Miriam Meckel im Gespräch mit Peter Turi:
Wenn Technologie auf das Gehirn trifft

Auf dem Landau Media Talk mit Miriam Meckel am Dienstagabend im The Charles in München schafft Medienprofi und Moderator Peter Turi eine einzigartige, sehr persönliche Atmosphäre. Die Professorin und Herausgeberin der Wirtschaftswoche fesselt die einhundert geladenen Gästen aus der Medienbranche mit ihren Thesen über digitale und neuronale Netze. Ich bin um die Erkenntnis reicher, dass wir vom technologischen Fortschritt nicht nur profitieren, sondern uns dabei auch unseren Urängsten stellen müssen.

Überfordert uns die digitale Welt?

Miriam Meckel legt eine Bilderbuchkarriere hin. Die Journalistin wird Ende der 90er-Jahre mit nur 31 Jahren jüngste Professorin Deutschlands am Lehrstuhl für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster. 2001 wird sie Staatssekretärin und Regierungssprecherin von Nordrhein-Westfalen, vier Jahre später ereilt der Ruf als Professorin und Direktorin des Instituts für Medien- und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen. Dann 2008 der Zusammenbruch. Burnout. Sie äußert sich offen über die Abgründe, mit denen sie konfrontiert war, und ihre Learnings daraus.

Sie weiß, dass das Phänomen der Überlastung sich mehr und mehr in der Gesellschaft manifestiert. „Wir leben in einer immer schneller werdenden Welt. Das Wissen wächst exponentiell, das Tempo der Medien und Digitalisierung beschleunigt unser Leben. Wir müssen mit immer schneller aufkommenden Informationen umgehen, die erst mal verarbeitet und bewältigt werden müssen. Das führt oft zu Überforderung.“

Grund genug, sich die Frage zu stellen, was passiert dabei eigentlich mit unserem Gehirn? Welche Einflüsse hat die digitale Welt auf unsere Gedanken und wie können wir sie verbinden? Ihre Recherchen teilt sie nun in ihrem kürzlich veröffentlichten Buch „Mein Kopf gehört mir“. Dieses beginnt mit dem Zitat: „Immer schon war ich anfällig dafür, Dinge auszuprobieren, die mir nicht guttun.“ Was sie damit meint, sind mehrere Experimente, die sie mit sich selbst durchgeführt hat, um herauszufinden, was sich in ihrem Gehirn eigentlich abspielt.

Künstliche Intelligenz
KI und Brainhacking: Im 21. Jahrhundert trifft Technologie auf das Gehirn. Miriam Meckel hat ihr eigenes Hirn getestet.

Miriam Meckels Selbstversuche

Sie erläutert zwei Beispiele aus ihrem Buch. Das erste Experiment ist der Reizentzug. Dafür schließt sie sich 24 Stunden in eine Dunkelkammer im Kellergeschoss der Hochschule Zürich. Völlige Dunkelheit, Stille. Als erstes stellt sich Langeweile ein. Gefolgt von Nervosität über Fantasien bis hin zu wahnhaften Rezeptionen und Halluzinationen. Sie beschreibt das Gefühl wie ein Drogentrip ohne Drogen. „Reizentzug führt zu Irritationen des Gehirns. Ich war beeindruckt, welch kreative Kraft ausgelöst werden kann und wie die Nervenzellen anfangen zu feuern, wenn äußere Reize ausfallen.“

Das zweite Experiment: In den USA hat Miriam Meckel das Lifestyle-Produkt Thynk getestet, mit dem man das Gehirn beeinflussen kann. Dazu bringt man ein Gerät mit zwei Sensoren am Kopf an, über eine App steuert man dann Stromzufuhr aufs Gehirn. Es gibt verschiedene Programme, von Entspannung über Konzentrationsförderung bis hin zu Aktivitätsstimulation. Sie wählt „Activity“ mit erheblichen Nebenwirkungen: Übelkeit, 36 Stunden keinen Schlaf, Gesichtsverzerrungen. „Meine größte Erkenntnis aus diesem Selbstversuch war, dass das Gehirn ein sehr sensibles Organ ist. Es ist das Tor zum innersten Kern der Persönlichkeit. Damit muss man behutsamer umgehen, als man das vielleicht mit anderen Körperteilen tut.“ Sie erfährt Grenzen am eigenen Körper, die durch Gehirnmanipulation entstehen können.

Das menschliche Gehirn im Visier

Technologischer Fortschritt ist längst im Gehirn angekommen.  Was uns nicht bewusst ist: Alle digitalen Services der Internetriesen GAFA sind Produkte der Gehirnforschung. Mögen es anfangs noch Algorithmen gewesen sein, heute stehen lernende Systeme dahinter, die wie unser Gehirn funktionieren. Und sie lernen ständig durch die tägliche Nutzung von Millionen von Usern hinzu und werden besser. Künstliche Intelligenz macht es möglich. Miriam Meckels These ist, dass es in Zukunft eine Verbindung von menschlicher und künstlicher Intelligenz geben wird. Die nächste Evolutionsstufe wird sein, unser Gehirn direkt an die Technologien anzuschließen. Medizinische Forschung zeigt, dass das technologisch möglich ist. Es gibt Forschungsprojekte, bei denen Querschnittsgelähmte über Gedanken einen Roboterarm bewegen können. Für die Medizin ein Riesenfortschritt.

Kritisch wird es dann, wenn die Entwicklungen in Richtung Massenmarkt gehen. Mark Zuckerberg hat im Sommer 2017 angekündigt, ein Gerät entwickeln zu wollen, mit dem man Textnachrichten ins Handy "reindenken" kann, mit einer Geschwindigkeit von 100 Worten pro Minute. Elon Musk will mit der Firma Neuralink datenleitfähige Substanzen über das menschliche Gehirn legen. Das große Ziel: Hirn-Computer-Schnittstellen. Die Vision: Im Jahr 2050 werden Menschen vernetzt über Implantate – drahtlos - an eine intelligente Cloud angeschlossen sein. Das Horrorszenario schlechthin: Das menschliche Gehirn als nächstes Geschäftsmodell des Silicon Valley.

Neue Formation des Menschseins

Klingt alles nach Science Fiction? Dass die Kapazität unseres Gehirns begrenzt ist und Künstliche Intelligenz diese Grenze schon heute überwinden kann, zeigt kein besseres Beispiel als die Google-Software AlphaGO. Die selbstlernende KI-Software im Brettspiel „GO“ hat das menschliche Gehirn längst abgehängt. Es schlägt binnen kürzester Zeit nicht nur den Internationalen Champion Lee Sedol im Brettspiel GO, sondern wird selbst immer besser. Warum das so ist, können wir Menschen nicht mehr nachvollziehen. Es ist eine Blackbox. Wir wissen nur, dass es so ist.

Menschen sind dafür empfänglich, immer leistungsfähiger und effizienter werden zu wollen. In den USA sei es laut Meckel beispielsweise unter Studenten an den Universitäten gang und gäbe, das Medikament Ritalin einzunehmen, um das Denken und die Konzentration beim Lernen und bei Prüfungen zu verbessern. Wenn uns nun Künstliche Intelligenz dabei unterstützt, unsere Leistungsfähigkeit zu steigern, dann wird der technologische Fortschritt auch in diese Richtung weiter vorangetrieben.

Miriam Meckel ist davon überzeugt, dass es eine Verbindung von Biochemie des menschlichen Wesens und Technologie in Zukunft geben wird. Wie das Zusammenspiel von neuronalen und digitalen Netzen aussehen wird, kann heute keiner vorhersehen. Wir müssen mit der Entwicklung verantwortungsvoll umgehen. Dazu gehört in erster Linie, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich die richtigen Fragen zu stellen. Was ist mit der Privatheit der Gedanken? Was ist mit der Integrität der Persönlichkeit? Wo kann Künstliche Intelligenz uns das Leben erleichtern? Wo stellt es eine Gefahr dar? Wie ist es dann um unsere Selbstbestimmung bestellt? Wie schützen wir uns vor Manipulation und Missbrauch? Was Miriam Meckel fordert, ist Aufgeklärtheit: „Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass wir Menschen nicht auf ewig Herr unseres Oberstübchens sind. Es gibt dafür keine Bestandsgarantie. Wenn wir das Gehirn als Refugium behalten wollen, dann müssen wir uns darum kümmern.“