Omakuchen für alle als Geschäftsmodell? Katharina Mayer wagt den Schritt und gründet das soziale Start-Up „Kuchentratsch“. Das süße Konzept dahinter: Senioren produzieren gemeinsam in einer Münchener Backstube hausgemachte Kuchen, können dabei neue Kontakte knüpfen und als Mini-Jobber ihre Rente aufbessern. Verkauft werden die Kuchen in ausgewählten Cafés und über den Onlineshop. Ein Projekt, bei dem auch die „Die Höhle der Löwen“ Jury zuschlagen muss: Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer investieren zusammen 100.000 Euro, die Kuchen-Lady gibt zehn Prozent ihrer Firmenanteile ab. Auf der K5 Female in Retail treffe ich Katharina und spreche mit ihr über ihren unternehmerischen Spirit und ihre Erfahrungen mit ihrem sozialen Start-Up.

Bei deinem Start-Up geht es dir ja vor allem darum, gesellschaftliche Aspekte unternehmerisch zu lösen. Vor welchen Herausforderungen stehen wir dabei in Deutschland?

Der demographische Wandel ist eine riesige Herausforderung! Mittlerweile ist das Thema unter den Stichworten “Altersarmut” und “Alterseinsamkeit” auch auf der politischen und gesellschaftlichen Agenda angekommen. Bisher gibt es eine lose Ansammlung von Ideen, Projekten, Fördergeldern, Ansätze in diesem Bereich. Wir freuen uns Teil von dieser Bewegung zu sein, die Antworten und Ideen zu der Frage “Wie wollen wir alt werden?” liefern.

 

 

Denkst du denn, der demografische Wandel hat das Potenzial, unternehmerisch bzw. privatwirtschaftlich gedacht zu werden?

Ich glaube, das Ganze rein auf die Privatwirtschaft abzuwälzen, ist auch keine Lösung. Soziale Themen müssen auch von der Politik mitgedacht werden. Trotzdem denke ich, dass wir als „Social Start-up“, bei dem die Kombination zwischen wirtschaftlichem Ansatz und sozialem Wirken Erfolg hat, vielleicht so eine Art Experiment für Großunternehmen sein können. Wir sind sozusagen der lebende Beweis: hey, schaut mal, ein soziales Unternehmen kann auch profitabel sein! Vielleicht gerade weil die Kunden soziale Verantwortung und Werte schätzen und deshalb bewusst bei einem solchen Unternehmen wie Kuchentratsch einkaufen.

 

„Mit meinem sozialen Start-Up will ich sichtbar machen, dass man sich nicht nur im Ehrenamt engagieren kann, sondern auch in seinem Arbeitsumfeld Gesellschaft positiv gestalten kann.“

 

Siehst du für dein Start-Up eine kritische Größe, wo es – so wie es jetzt läuft – nicht mehr funktionieren könnte?

Für Kuchentratsch sehe ich sehr viel Potenzial für die Zukunft. Unser Konzept ist auf jeden Fall wachstumsfähig. Umso mehr Oma und Opas wir beschäftigen können, umso mehr erreichen wir unser Ziel. Wie in jedem Unternehmen gibt es gewisse Wachstumshürden zu überwinden. Wir sind positiv gestimmt, dass wir diese meistern werden. Uns freut es in der Praxis zu sehen, dass unsere Idee, gesellschaftliche Herausforderungen mit einem wirtschaftlichen Modell anzugehen, tatsächlich funktioniert und zukunftsfähig ist.

Woher hast du den Mut genommen, dich auf eigene Beine zu stellen und nicht einen klassischen Berufseinstieg bei einem Unternehmen zu wählen?

In meinem Studium habe ich mich stark mit gesellschaftlichen Herausforderungen auseinander gesetzt. Mir war klar, dass ich im Anschluss in einem Bereich arbeiten möchte, in dem ich eine positive Wirkung auf die Gesellschaft haben kann. Ich war schon immer ein Machertyp und konnte mich im klassischen Großkonzern und meist konservativen Stiftungsbereich nicht unbedingt wieder finden. Als ich die Idee zu Kuchentratsch hatte, war mir klar: Das muss ich jetzt einfach ausprobieren.

Wie kamst du auf die Idee dich mit deinem Start-Up bei Höhle der Löwen zu bewerben?

Ich hatte das Gefühl, dass wir mit Kuchentratsch im letzten Jahr am richtigen Punkt standen uns dieser Herausforderung zu stellen. Der deutschlandweite Kuchenversand war bereits gut angelaufen und wir brauchten ein höheres Investment, um diesen noch weiter auszubauen. Zudem war unser Online Shop bisher nur selbst zusammengebastelt, also haben wir das restliche Investment in den Relaunch unserer Website gesteckt.

 Was erwartet einen bei der Sendung und bzw. welche Erwartungshaltung hattest du selbst?

Ich selbst hatte die Erwartung, dass Opa Norbert und Oma Anni unsere Idee super persönlich vorstellen können, hatte jedoch nie im Leben mit einem Investment gerechnet. Umso schöner war es dann, als Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer uns einen Deal anboten und wir von allen Löwen außerordentlich tolles Feedback erhalten haben. Grundsätzlich erwartet einen ein wahnsinnig aufregendes und einmaliges Erlebnis: wir durften die “Löwen” vorher tatsächlich nicht sehen und waren dann schon ziemlich aufgeregt, als die Fünf – inklusive den ganzen Kameras – vor uns waren.

Was hast du aus der Zeit während der Dreharbeiten gelernt? Wie hat die Sendung dich verändert?

Es hat mir wieder gezeigt, dass es so ein wunderbares Gefühl ist, wenn man sich traut, mit seiner Idee rauszugehen. Man kann nur gewinnen und sei es, konstruktives Feedback zu bekommen. Die Sendung hat vor allem mein berufliches Leben beeinflusst. Ich habe tolle Anfragen als Speakerin bekommen seit dem Auftritt und darf zum Beispiel als Female Entrepreneurs of the Future – Coach tätig sein. Eine tolle Chance!

Stichwort Zeitmanagement. Wie arbeitest du bzw. wie organisierst du dich? Wie funktioniert das für dich in Zusammenarbeit mit älteren Menschen?

Ich versuche super strukturiert zu arbeiten, da ich tatsächlich sehr wenig Zeit für alles habe. Ich setzte mir für alle meine To-Dos fixe Termine und halte mich dann auch an meinen Kalender. Wo es geht, integriere ich digitale Medien, die mir Aufgaben abnehmen. Unsere Omas sind fast überwiegend per Mail erreichbar und mit Smartphones ausgestattet. Und die wissen auch: wenn sie mal Fragen haben, können sie immer beim Kuchentratsch-Büroteam anklopfen.

 

Soziales Start-Up Kuchentratsch: Oma Eva-Maria, Oma Moni und Oma Irmgard in der Münchner Backstube.

 

Wer sind deine Unterstützer und Mentoren? Kannst du dir eine solche Rolle auch für dich selbst vorstellen?

Mit meinem Team habe ich fantastische Unterstützer, die jeden Tag 150 Prozent geben, um die Idee von Kuchentratsch umzusetzen und weiterzuentwickeln. Bei der internationalen Entrepreneurs Organisation habe ich im Acceleratorprogramm tolle Peer to Peer Kontakte und den einen oder anderen Mentor gefunden. Dieses Umfeld unterstützt mich jeden Tag, mein Bestes zu geben. Als Coach bin ich ab Anfang März auch für das Format “Unternehmerinnen der Zukunft” von Amazon tätig und freue mich, mein Wissen weitergeben zu können.

Muss man als Gründer*in ein bestimmter Typ sein? Welche Charaktereigenschaften sind dafür wichtig? 

Eine gute Portion Selbstbewusstsein schadet auf jeden Fall nicht. Immer wenn man etwas wagt und präsentiert gibt es auch Menschen, die dein Ding oder dich selbst nicht gut finden. Steve Jobs hat mal gesagt: “If you want to make everyone happy, don’t be a leader, sell ice cream!”. Gleichzeitig hilft es, wenn man Geduld mitbringt. Ein Unternehmen startet nicht von heute auf morgen durch, da gibt es viele Höhen und Tiefen zu durchlaufen. Am wichtigsten ist es aber, dass man für seine Idee brennt. Erst dann entfaltet sich die Magie und die Bereitschaft an seine Grenzen zu gehen.

Welche Learnings würdest du weiter geben aus deiner bisherigen Lebensphase als Gründerin?

Machen, machen, machen! Das meiste lernt man in der Praxis und bei dem Sprung ins kalte Wasser. Und es gibt so viele Möglichkeiten, wie man seine Idee erstmal einfach austesten kann. Einfach einen Onlineshop aufsetzen und sagen, dass Produkt ist bald wieder verfügbar – schon sieht man, ob es dafür eine Nachfrage gibt. Immer wenn es möglich ist, seine Idee pitchen. Dabei merkt man, ob sie ankommt, wie man sie noch besser erklären kann und was die kritischen Punkte sind.

 

„Ich verstehe nicht, wie Menschen, aus Angst, ihre Idee würde geklaut werden, damit jahrelang alleine herumlaufen. Meiner Meinung nach kann man nur im Austausch mit anderen lernen.“

 

Hat man als Gründerin überhaupt noch ein Privatleben? Oder Hobbies?

Haha, ja, mein Terminplan ist wirklich eng und ich bin auch viel unterwegs. Das geht aber nur, weil mir meine Freizeit heilig ist – ich reise gerne, mache viel Sport und liebe es, in der Natur abzuschalten. Genau wie meine beruflichen Termine setze ich mir dafür feste Zeiten und versuche, diese so gut es geht einzuhalten.

Welche Ziele setzt du dir für die Zukunft?

Mit Kuchentratsch wollen wir zeigen, dass sich gesellschaftliche Wirkung und Wirtschaft nicht ausschließen. Für mich persönlich freue ich mich, wenn ich noch lange die Möglichkeit habe Kuchentratsch positiv zu gestalten und Neues auszuprobieren. Dieses Jahr liegt der Fokus im Firmenkundengeschäft und im deutschlandweiten Kuchenversand. Wir sind auf der Suche nach einer größeren Backstube in München, um von hier aus unseren Omakuchen per Post noch weiter auszubauen.

Danke für das Gespräch, Katharina!

 

Weiterführende Links:

Kuchentratsch Onlineshop

K5 Female in Retail