Nur wenige Verlage haben eine so lange Tradition wie das Würzburger Fachmedienhaus Vogel Business Media. Seit letztem Freitag firmiert das Unternehmen unter dem neuen Namen „Vogel Communications Group GmbH & Co. KG“ und versteht sich künftig als umfassender Dienstleister für B2B-Kommunikation. Publisher Bernd Meidel ist seit Anfang der 90er Jahre an Bord des Verlagshauses und mit den Herausforderungen der Industriebranche bestens vertraut. Im Interview verrät er, wie es um die digitale Transformation in Industrieunternehmen Deutschlands bestellt ist und spricht über Learnings aus dem eigenen Haus.

Welche Trends zeichnen sich aktuell in Industrieunternehmen ab?

Die Unternehmer reden nicht nur mehr über die Digitalisierung, sondern sie packen sie nun wirklich an. Es tauchen zunehmend echte Anwendungen, reale Cases und Erfolgsstorys auf. Das ist schon ein Fortschritt im Vergleich zu den Vorjahren.

Was ist Ihnen dieses Jahr auf der Hannover Messe besonders aufgefallen?

Der Wettbewerb aus Asien nimmt deutlich zu. Deutschland ist führend im Maschinen- und Anlagenbau. Wir müssen hier am Standort Deutschland extrem aufpassen, dass uns in diesen Kompetenzen nicht der Rang abgelaufen wird.

Big Data ist die DNA für die Digitalisierung. Wie reagieren die Unternehmen auf die DSGVO?

Es herrscht eine rechtliche Unsicherheit, die meiner Meinung nach wie Fußfesseln wirkt. Das ist nicht sehr förderlich und kann sich schnell zu einem internationalen Wettbewerbsnachteil entwickeln. Mir scheint wichtig, dass die Unternehmen jetzt einen klaren Kopf bewahren, um den globalen Wettlauf im B2B-Geschäft nicht zu verlieren. Wir wissen ja, wie es im B2C-Bereich vor zehn Jahren ausgegangen ist und welche Firmen dort heute das Sagen haben.

 

„Deutsche Industrieunternehmen dürfen den globalen Wettlauf im B2B-Geschäft nicht verlieren.“

 

Digitale Transformation erfordert den Unternehmen eine enorme Agilität ab. Wie gehen insbesondere mittelständische Unternehmen damit um?

Der Mittelstand steht vor dem Problem, dass das Alltagsgeschäft enorme Ressourcen bindet. Man muss Zeit und Raum finden für die Umstellung von Prozessen. Das ist von innen heraus schwierig. Ich bin der Überzeugung, dass digitale Transformation am besten durch externe Beratungen, Sparringspartner und Kooperationen möglich ist. Die Kunst wird es sein, die richtigen Partner hierfür zu finden, die auch bei Mitarbeitern auf Akzeptanz stoßen.

Inwieweit hat die Digitale Transformation Einfluss auf die Unternehmens- und Führungskultur der Industrieunternehmen?

Die Digitalisierung erfordert ganz andere Strukturen, als wir es in hierarchischen Führungskulturen kennen. Die klassische Arbeitszuweisung von oben nach unten funktioniert nicht. Selbstverantwortung ist mehr denn je gefragt, sowohl beim Zeitmanagement als auch bei normalen Arbeitsprozessen, wie bei uns die Arbeit von Redakteuren auf verschiedenen Systemen im Produktionsprozess. Das bedeutet für jeden einzelnen Mitarbeiter gestiegene Anforderungen an die Selbstorganisation. Damit kann nicht jeder von vornherein umgehen. Das ist ein Lernprozess, der Geduld, Hartnäckigkeit und Zeit verlangt.

 

„Der digitale Wandel ist ein ständiger Prozess und von kulturellen Erfolgsfaktoren geprägt.“

 

Viele Unternehmen befinden sich schon seit Jahren inmitten eines permanenten Veränderungsprozesses. Was sind die größten Learnings, die bisher im Change Prozess gemacht wurden?

Ja, es stimmt, dass Veränderung der Normalzustand geworden ist. Doch die Auswirkungen der digitalen Transformation werfen völlig neue Handlungsmechanismen auf. Ja, es sind neue Paradigmen! Als Beispiel kann ich von unserer Transformation erzählen. Wir haben uns seit der Jahrtausendwende vom traditionellen Fachverlag in ein multimediales Fachmedienhaus weiterentwickelt. Wir kamen relativ schnell zur Erkenntnis, dass der Wandel ein ständiger Prozess ist und von kulturellen Erfolgsfaktoren geprägt ist. Generell zieht sich die Digitalisierung durch alle Unternehmensbereiche, da muss die ganze Organisation umdenken. Wir haben das mit der Verzahnung von internen, virtuellen Teams gelöst, haben die Belegschaft frühzeitig in den Prozess integriert und immer wieder Schulungen durchgeführt.

Und dann funktioniert es?

Nicht von allein. Man muss den Mut haben, auszuprobieren und Fehler zu machen. Und eine eigene Kultur entwickeln, mit diesen Fehlern umzugehen. Kein Perfektionismus, sondern Pragmatismus ist der Schlüssel. Das erfordert eine gewisse Lockerheit – auch von der Belegschaft – mit externen Unterstützern umzugehen und sie nicht als Bedrohung für die eigene Kompetenz oder gar Existenz im Unternehmen anzusehen.

Sie haben auf der Hannover Messe das Magazin Next Industry herausgebracht, wie kann man sich das neue Format vorstellen?

Wir bilden mit Next Industry das Querschnittsthema Digitalisierung über alle Branchen hinweg ab. Wir setzen dabei auf unsere traditionelle Branchenkompetenz und die Nähe zu den Unternehmen. Wir schaffen für das C-Level-Management ein Kompendium im deutschsprachigen Raum, in dem wir die wichtigsten Themen aufbereiten, Orientierung geben, Motivation und Impulse liefern.

Cover Erstausgabe, April 2018
Next Industry: Das Magazin zur digitalen Transformation in Industrieunternehmen

Wie stehen Sie im aktuellen Wettbewerb und wie positionieren Sie sich?

Die  Marktsituation im Bereich der Fachmedienhäuser ist unverändert: Print ist weiter rückläufig, aber langsamer als befürchtet. Wachstum verzeichnen wir im Digitalen und Eventgeschäft. Unser Ziel ist es, immer wieder ganz dynamisch branchenspezifische Communities mit neuen Themen aufzubauen. Das bedeutet, sie mit Informationen zu versorgen, sie in ihren Veränderungsprozessen zu begleiten und den Industrieunternehmen als Partner auf Augenhöhe zu begegnen. Das verstehen wir heute unter einem Verlagshaus im digitalen Wandel.

 

„In der Zukunft bleibt nichts beim Alten. Wir haben eine Kultur zur Veränderung geschaffen.“

 

Sie haben also die Verschiebung vom klassischen Printgeschäft in andere Bereiche geschafft?

Print ist nach wie vor wichtig. Es geht um den richtigen Kommunikationsmix. Wir reden da nicht nur über Banner, Social Media, Chatbots oder Webinare. Auch die persönliche Begegnung spielt beispielsweise eine Rolle, im Vogel Convention Center finden seit 2007 sehr erfolgreiche Networking Veranstaltungen statt. Darüber hinaus haben wir die Vogel-Gründerwerkstatt initiiert, und damit einen Raum für Start-Ups am Standort Würzburg geschaffen. Und es wird auch Zukunft nichts beim Alten bleiben. Wir haben eine Kultur zur Veränderung geschaffen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Meidel!

 

 

Weiterführende Links

Next Industry: Magazin zur digitalen Transformation in Industrieunternehmen

Umfirmierung in Vogel Communications Group